1302. Die geschundenen Männer zu Kronach.

[291] Mündlich.


Schon eine geraume Zeit lagen die Schweden vor Kronach. Manche festere Stadt hatte sich schneller ergeben. Sturm auf Sturm wurde unternommen und von den heldenmüthigen Kronachern abgeschlagen. Mehr aber als dieses erweckte ein anderer Vorfall den Ingrimm des Feldherrn. Die Schweden hatten rings um das Städtlein ihre Schanzen aufgeworfen und große Büchsen und Feldstücke aufgeführt, aus denen sie ihre Kugeln gegen die Mauern schleuderten. Nun wurde eine Zeit lang eines jeden Morgens dem Schwedengeneral gemeldet, es wären in verwichener Nacht zwei Stücke Geschütz von den Feinden vernagelt worden. Wohl hörten die Wacht habenden Hellebardiere leise Fußtritte, konnten aber nichts sehen; dann wurde es jedesmal einen Augenblick stille, darauf geschahen acht oder zehen tüchtige Hammerschläge und die Stücke waren vernagelt. Die herausgerufene Mannschaft hörte nur noch die Fußtritte und das schallende Gelächter der Fliehenden. Die nun Solches vollbrachten, waren zwei Kronacher Bürger, welche Nebelkappen besaßen, womit sie sich unsichtbar machten. Indessen half dem schwedischen Commandanten ein gemeiner Soldat aus der Verlegenheit. Für diesen waren sie nicht unsichtbar, denn er war um zwölf Uhr in der Weihnacht geboren. Als nun die Kronacher Nachts wieder kamen, riß ihnen der Soldat die Nebelkappen herunter, worauf sie von herbeispringenden Kameraden gefangen und vor den Heerführer gebracht wurden. Der ließ ihnen die Haut abziehen, um Schultern und Arme hängen und sie dann mit Peitschenhieben in das Städtlein jagen. Mitten auf dem Marktplatze fielen die Braven zusammen und waren todt. Aber die Kronacher waren dankbar und nahmen die zwei geschundenen Männer von Stund' an in ihr Wappen auf. Noch[291] prangen sie auf einer Säule zu Kronach, ihre Geister aber sollen zuweilen auf den ehemaligen Schwedenschanzen um Mitternacht erscheinen und sich mit hellklingenden Hammerschlägen vernehmen lassen.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 291-292.
Lizenz:
Kategorien: