1305. Die Sausteine.

[294] Mündlich.


Inmitten des Bruderholzes auf der Anhöhe, wo sich zwei Wege kreuzen, stehen zwei niedere Steine, die aus folgendem Anlaß an jene Stelle gekommen. Es war einmal ein Prälat, der achtete seines Amtes wenig, und ergab sich mehr der Jagd als dem Gottesdienste und beschaulichem Leben. Eines Tages war er hinausgezogen, den Eber zu jagen. Es dauerte auch nicht lange, als er des schönsten und stärksten Thieres ansichtig ward. Wüthend brach der Eber auf ihn los, der Prälat setzte ihm seinen Jagdspieß entgegen, aber der morsche Schaft brach, und der Prälat fand seinen Tod durch die Wuth der angestochenen Bestie. Des andern Morgens fand man Jäger und Wild nebeneinander todt auf dem Platze.[294] Die Stelle wurde zum Andenken durch die zwei »Sausteine« bezeichnet. Noch ist es in der Nähe dieses Platzes nicht geheuer und ziehen die Landleute flüchtigen Schrittes ein Kreuz schlagend vorüber.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 294-295.
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