1314. Frevel wider des Herrn Brod.1

[300] P. Ewald Geschichte der Pfarrei Poppenreuth. Nürnberg 1831, S. 46.


Eine merkwürdige Begebenheit hat sich im Jahre 1567 dahier zugetragen, welche so mitgetheilt wird, wie sie in der alten Pfarrchronik aufgezeichnet ist.

Der hiesige Pfarrer Bartholomäus Gebhard hatte zwei Mägde, Kunigunda und Brigitta. Diese gingen den dritten März 1567 auf das Feld, um zu krauten. Da trafen sie noch einige Bauern und Mägde an.

Ehe die Mägde die Arbeit auf dem Felde anfingen, sagte des Pfarrers Magd Kunigunde zu einer andern Magd Anna, die bei einem domprobstischen Unterthan in Diensten war: sie habe etwas Gutes bei ihr, das wollte sie ihr geben. Und als sie mit einander weiter gingen, sprach ebengenannte Kunigunda ferner: sie habe gehört, daß sie zu Gottestisch gehen wolle? Darauf antwortete die Anna: Ja! wenn sie Gott so lang leben ließ, würde es geschehen. Kunigunde aber sprach: sie habe den Leib Christi bei ihr, den wollt sie ihr geben. Hierauf fiel sie nieder, zog die Anna ebenfalls nieder, brachte ein Tüchlein hervor, darin ein Theil einer Oblate, so man bei Austheilung des hochwürdigen Abendmahls zu gebrauchen pflegt, eingebunden gewesen, und wollte dieses der Anna darreichen. Als aber die andere Magd Brigitte Solches sah, hat sie beide Mägde auseinander gestoßen und gesagt, die Leute möchtens sehen. Darauf fragte die Anna, woher sie, die Kunigunde, die Oblat, welche gebrochen war, bekommen? Da antwortete sie, daß sie desselben Tages früh dieselbe in ihres Herrn Stuben gefunden, einen Theil davon nüchtern genossen, und als die andere Magd vom Markt heimkam, derselben auch geben mit Meldung, daß sie unseres Herrgotts Brod essen sollte. Es hat also die Anna indessen von der zerbrochenen Oblat ebenfalls ein klein Stücklein aus der Kunigunde Hand in den Mund empfangen und genossen. Hierauf sind sie an ihre Arbeit gegangen. Nachdem ging Kunigunde zu zwei andern Mägden, welche ebenfalls auf dem Felde waren, wovon die eine auch Kunigunde und die andere Barbara geheißen, und sprach zu ihnen: sie habe etwas Gutes, das wollte sie ihnen geben. Diese glaubten, sie[301] würden von der Kunigunde Zucker oder Gewürz erhalten. Sie hatten aber Oblaten erhalten und genossen, indem sie es für Sünd hielten, dieselbe hinzuwerfen. Darauf habe noch die Kunigunde gesagt: morgen will ich euch den Kelch bringen und euch zu trinken geben. Darauf eine Magd gesagt: sie solle zusehen, daß sie sich nicht versündige. Darauf gingen sie alle an ihre Arbeit. Nach zwei Stunden ohngefähr wollten sie nach Hause gehen und sahen sich deßwegen um, die Kunigunde zu sehen; da sind sie gewahr worden, daß dieselbige Kunigunde ein Ackerläng von ihnen auf dem Angesicht gelegen und todt gewesen.

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Den zahlreichen katholischen Hostiensagen folgt hier auch eine protestantische.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 300-302.
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