1323. Der Petersberg bei Marktbürgel.

[307] Bechsteins deutsches Sagenb. S. 690.


Von dem steilen Petersberg oder Werberg bei Marktbürgel gehen viele Sagen im Munde des Volkes. – In der Nacht auf den ersten Mai, so lautet eine, tanzen die Druden oder Hexen darauf herum; kein[307] ehrlicher Mensch darf es in dieser Nacht wagen, den Berg zu besteigen, sonst wird ihm der Hals umgedreht. Schon in der Heidenzeit soll der Berg berüchtigt gewesen sein; in spätern christlichen Zeiten stand eine Benediktiner-Abtei darauf nebst einer Wallfahrtskirche, die von den Päpsten mit großem Ablaß begnadigt war; aber Kloster und Kirche wurden später zerstört, wann? – weiß man nicht. Noch finden sich viele Gewölbe und unterirdische Gänge in diesem Berge, einer derselben soll in die Kirche von Marktbürgel und von da bis ins Pfarrhaus gehen. – Eines Tages wagte ein Mann in diese Gewölbe, welche große Schätze enthalten, einzudringen. Als er hineinkam, sah er alles glimmern und schimmern, und steckte sich von den Kostbarkeiten, die seine Augen schier blendeten, so viel in seine Schubsäcke, als nur hinein wollte. Als er nun wieder zu dem Ausgang kam, so fand sich, daß dieser so enge war, daß der Mann nicht heraus konnte, voll Angst drängte er sich dennoch durch die Oeffnung, blieb aber in der Felskluft stecken, und konnte weder vorwärts, noch rückwärts, bis ihm, dem ängstlich um Hülfe Schreienden und Winselnden einige Leute zu Hülfe kamen; diese rissen ihn mit großer Mühe aus der Spalte, aber seine Kleider hatten sich so dazwischen geklemmt, daß ihm die Taschen davon abrissen und im Berge zurück blieben, in ihnen waren nun auch die Kleinodien und Kostbarkeiten. Mußte froh sein, daß er seinen Kopf noch glückhaft wieder ans Tageslicht gefördert sah. Kein Mensch wagte es wieder, in die Kluft hinein zu gehen, am wenigsten der, dem der Gang in das Bergesinnere so übel bekommen war, der verlangte all' sein Lebetage nicht wieder hinein.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 307-308.
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