1363. Der Hoimann zwischen Kothgeisering und Jesenwang.

[343] Mündlich.


Auf einer Wiese zwischen dem Dorfe Jesenwang und Kothgeisering trieb sich vor Zeiten ein Mann herum, welcher ausrief: »Hoi! hoi! hoi! Wo soll ich ihn hinthun! wo soll ich ihn hinthun?« Diese Erscheinung fand besonders in heiligen Zeiten, zumeist in der Oktav des Allerseelenfestes statt. Ein Trunkenbold ging eines Abends von Jesenwang nach Kothgeisering, und hörte, als er zur Wiese kam, den Ruf des Hoimanns. Der Betrunkene schrie dem Hoimann entgegen: »Hoi! hoi! wo mußt du ihn hinthun? Wo du ihn hergenommen hast.« Kaum hatte er dieses gesagt, so stand statt des Hoimanns eine weiße Gestalt vor ihm, welche ihn anredete: »Vergelt's Gott, daß du mich erlöst hast. Ich habe, als ich auf Erden lebte, den Markpfahl verrückt, und wurde dazu verurtheilt, so lange hier umzugehen, bis einer mir antwortete wie du. Nun gehe ich schon zweihundert Jahre um und harrte vergebens auf Erlösung, bis du gekommen bist. Du hast mich erlöst; Gott vergelt's dir!« Die Sage setzt hinzu, daß der Betrunkene nüchtern geworden und nach Hause geeilt sei, um diesen sonderbaren Vorfall bekannt zu machen.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 343.
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