957. Fuchsloch bei Zeiskam.

[31] Mündlich.


Drei Stunden von Germersheim liegt das Dorf Zeiskam, das durch seinen ausgedehnten Gemüse- und Gewürzpflanzenbau ziemlich bekannt geworden ist. Bei diesem Dorfe stand ehemals die Burg der Herren von Zeiskam, die so mächtig waren, daß Einer derselben sogar der Stadt Straßburg Fehde ansagen konnte. Von einem Andern erzählt man im Dorfe folgende Sage. Eines Morgens, noch früh im Jahre, kam ein altes Mütterchen aus dem Dorfe Zeiskam zu dem Ritter auf die Burg und brachte ihm ein Körbchen mit gelben Rüben zum Geschenke. Der Ritter freute sich nicht wenig darüber, lobte die Schönheit der Möhren und sagte, die Leute im Dorfe sollten ja recht viel von diesem trefflichen Gemüse bauen. Für das Geschenk aber möge sie sich selbst eine Gnade ausbitten. Das Mütterchen benützte die günstige Stimmung des Ritters, um für das ganze Dorf ein gutes Werk zu stiften. Die Zeiskamer hatten nämlich, obwohl damals ebenso die Queich durch ihren Bann floß, wie heute, kein Wasser in unmittelbarer Nähe des Dorfes. Daher sagte die Alte: Herr Ritter, ich würde wohl um eine Kleinigkeit bitten, allein ich habe nicht Muth dazu. Wenn wir das hätten, so wollten wir aus unsern Feldern Gärten machen. Sprecht, Alte, ermunterte sie der gut gelaunte Herr. Ich will gerne euern Wunsch erfüllen. »So gebt uns so viel Wasser, als durch ein Fuchsloch fließt!« bat die Alte. Sollt's haben, entgegnete der Ritter und gab sogleich Befehl, in einen Stein ein Loch von der Größe eines Fuchsloches zu hauen, denselben in das Ufer der Queich einzusetzen und so dem Felde und Dorfe das nöthige Wasser zufließen zu lassen. Es geschah, und davon schreibt sich ein Theil des Wohlstandes der Gemeinde her. Das Loch am Queichufer heißt Fuchsloch noch heutiges Tags.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 31-32.
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