961. Die große Pest im Maingrunde.

[35] Mündlich.


Es war um das Jahr 1356, da wüthete in ganz Franken die große Pest, der schwarze Tod, auch Würgengel genannt. Besonders heftig zeigte sich diese furchtbare Krankheit in vielen Ortschaften am Maine, wo sie zahlreiche Opfer jeden Alters und Geschlechtes unter allen Ständen hinwegraffte. So sollen im Dorfe Hasloch nur noch drei Menschen am Leben verblieben sein, die sich mainaufwärts flüchteten und das jetzige badische Dorf Bestenhaid bei Wertheim gründeten. Deßgleichen sollen in Eichel, einem badischen Orte, nur sieben Männer verschont worden sein, die sich dann Abends versammelten, sich zur Abwehr trübseliger Erinnerungen die Zeit mit Mühlespielen vertrieben und dieses Spiel zum Angedenken auch in einen Stein aushauen ließen, welcher noch heutzutage gezeigt wird. In Kreuzwertheim starb die Bevölkerung bis auf acht Personen, welche die Güter der Verstorbenen unter sich vertheilten und also zu großem Reichthum gelangten. Diese behielten von selbiger Zeit an zur Erinnerung an die überstandene schwere Noth den Brauch, alljährlich in den Wald zu ziehen, um einen Baum zu tanzen, sodann den Baum zu fällen und zu verkaufen und sich von dem erlösten Gelde lustig zu machen. So hielt man es auch bis auf unsere Tage.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 35.
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