971. Die Protestanten in Mariabuchen.

[43] Mündlich.


Seit vielen Jahren bemerkt man zur Zeit, wo die Pfarrgemeinde von Hafenlohr einen verlobten Wallgang nach Mariabuchen unternimmt, nämlich am Kreuzerfindungsfeste, einzelne Protestanten unter dem Haufen der Andächtigen. Man erzählt sich, daß diesen Leuten einmal etwas Auffallendes begegnet sei, wodurch sie veranlaßt wurden, ihre Andacht zur Mutter Gottes öffentlich zu beweisen. Und so ist es auch wirklich. Einmal ritten etliche Protestanten durch den Steinfelder Wald. Anfangs hatten sie gute Wege und gelangten wohlgemuth bis an den Kreuzweg, der von Sendelbach nach Steinfeld führt. Hier überfiel sie ein Regenschauer, sie wollten daher eilig zum nahen Kloster Mariabuchen reiten, um dort mit ihren Pferden einzukehren. Oben bei dem Bildstock am Wege rief einer von ihnen: »Nun kommen wir sogleich hinunter nach Buchen, wo die Maria ihre Windelwäsche hat.« – Kaum hatte er dieses Wort gesprochen, so blieben die Pferde auf dem Platze wie gebannt stehen. In der Meinung, daß Ermüdung die Ursache wäre, spornten sie die Pferde heftiger; doch je mehr sie trieben, desto höher bäumten sich die Pferde und konnten keinen Schritt weiter gebracht werden. Wie alle Mühe vergebens war, dachte der Aelteste von ihnen bei sich: »Wer weiß, ob dieses Ereigniß nicht eine Strafe für unsern Frevel ist? Zur Sühne will ich ein Gelübde machen, jährlich zu Fuße die Mariabuchenkirche zu besuchen, zur Zeit, wo die Katholiken aus den umliegenden Ortschaften dorthin betend und singend wallfahrten gehn.« Dieser Vorsatz war nicht sobald gefaßt, als die Pferde leichten Fußes ihre Reiter nach Mariabuchen trugen, gleichsam als wollten Thiere den Menschen dienen, um ihre Andacht und Dankbarkeit vor dem Bilde der Mutter Gottes abstatten zu können.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 43.
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