973. Der Huimann.

[44] Mündlich.


Der Steinfelder Wald, der noch jetzt eine Stunde lang und fast eben so breit ist, war öfters Gegenstand von Grenzstreitigkeiten zwischen Steinfeld und den benachbarten Gemeinden. Letztere behaupteten Rechte der Beholzung und Viehweide in demselben zu haben, was die Steinfelder hartnäckig in Abrede stellten. Nun ist es um die heilige Zeiten des Advents und der Weihnachten im dortigen Walde nicht geheuer. Bis in das Dorf Pflochsbach wird der Ruf des Huimanns gehört, und Viele haben ihn des Nachts gesehen, wie er mit einem großen Hute, auf einen[44] Stock gestützt, hinter einem Baume hervorguckt. Dieser Huimann war vor Zeiten ein Hirte zu Steinfeld, der als Zeuge wegen der Markungsgrenze zwischen Pflochsbach und Sendelbach einen Eidschwur ablegen mußte. Er trug, wie die Hirten, einen großen Hut, und nachdem er auf seinem Hute einen sogenannten Schöpflöffel (Schöpfer in der Sprache der Landleute) befestigt und jeden seiner Schuhe mit einer Handvoll Erde gefüllt hatte, schwur er also: »So wahr ich den Schöpfer über mir habe, so wahr stehe ich auf Steinfelder Erdboden.« Er ist zwar längst gestorben, aber er geht noch um im Walde als neckender Geist, der die Leute irre führt und zuweilen, besonders des Nachts: Hui! Hui! zuruft. An der Grenze des Waldes in der Nähe der oberen Mühle bei Hausen steht ein Grenzstein, der noch heutzutage der Huimannsstein genannt wird.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 44-45.
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