979. Das Marienbild und der Schäfer.

[48] Mündlich.


Auf einem Berge bei Burghausen, Landgerichts Arnstein, steht ein Muttergottesbildchen in einer Blende, die an einem Eichbaume angebracht ist, welcher, nachdem die übrigen Eichen jenes früher ausgebreiteten Waldes großentheils der Axt erlagen, beinahe ganz allein auf dem grasigen Waldboden steht. Einst trieb der Schäfer eines benachbarten Ortes an einem Sommerabende seine Heerde an jener Stelle vorüber, als ihn auf einmal Etwas an den Füßen hält, daß er nicht mehr weiter kann. Erschrocken über diesen sonderbaren Zufall nimmt er seinen Hut ab und fängt zu beten an. Da kehren sich wie auf einen Wink alle seine Schäflein gegen das Bild, welches Nachts vorher roher Muthwille fast gänzlich zerstört hatte. Der Schäfer erkennt hierin einen Fingerzeig von Oben, thut mit lauter Stimme das fromme Gelübde, das Bild wieder herstellen zu lassen und zieht alsobald unbehindert mit seiner Heerde von dannen. Er hat auch sein Wort gehalten und das Bild bald darauf wieder herstellen lassen, und noch heutiges Tages gehen die Leute aus der Nachbarschaft gern zu der geweihten Stelle.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 48-49.
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