995. Der Flußgott des Maines.

[58] Mündlich.


Dem Kloster Himmelspforten gegenüber, da wo der Badeplatz der Würzburger sich befindet, ragt ein gewaltiger Felsen in den Mainfluß. Schneller taucht der Schiffer sein Ruder in die Flut, und wenn ein Wanderer sich nächtlicher Weile verspätet hat, so beflügelt er seine Schritte, um dieser Stelle geschwinder den Rücken zu kehren. In der Tiefe dieses Felsens haust der Gott des Flusses, so meldet die Volkssage und glaubt seine Stimme zu hören, wenn der Sturmwind braust und die Wasser des Stromes schäumend an die Felsen schlagen.

In der Zeit vom Johannes- bis Peter und Paulitage (24. bis 29. Juni) holt er sich jährlich ein Menschenopfer; denn um diese Zeit pflegt von[58] Alters her Einer im Mainflusse zu ertrinken, was auch Anno 1852 wieder der Fall war. Deßwegen warnen die Leute, sich in diesen Tagen im Maine zu baden.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 58-59.
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