101. Peter Ecker von Eck.

[102] Von A. Schöppner. – Schloß Eck unweit Metten in Niederb. Die Begebenheit eine der hochtragischen bayrischer Geschichte, sichtlich von der Sage gestaltet. Peter v. Eck, Feldhauptmann Kaiser Ludwigs, später Vizedom zu Straubing. Um 1347 fielen die Böhmen von Karl gesandt, verheerend in Bayern ein. Brusch u. Ertl bei Hormayr, Taschenb. 1831. S. 246. Ein Gedicht von Th.Mörtl. A. Müller u. B. Grueber, der bayer. Wald S. 230.


Aus Böhmen zog ein wütendes Heer,

Die bayrischen Lande zu drängen, –

Dem Strome gleich, der entfesselt braust,

So ward im Bayerwalde gehaust

Mit Rauben und Morden und Sengen.


»Frisch auf! mein Sohn, was säumest du lang,

Zu eilen mit Rossen und Mannen?

Schon zogen die tapfersten Ritter, bereit

Dem König zu helfen im blutigen Streit,

Mit reisigen Schaaren von dannen!«
[102]

Wie flammte dem alten Ecker von Eck

Das Wort vom zürnenden Munde;

Er selber an Jahren und Thaten reich

Vermochte nimmer mit kräftigem Streich

Zu versetzen die tödtliche Wunde.


Wie Blitz durchzuckte des Sohnes Sinn

Die schneidende Rede des Alten;

Den Panzer umgürtet er sich zur Stell',

Der Damascener er blitzt so hell,

Die böhmischen Schädel zu spalten.


So tritt er gerüstet zur Gattin ein,

Von der lieben und treuen zu scheiden;

»Wohin?« so fleht sie, »o Trauter, wohin?« –

»Mich ruft die Pflicht, gen Böhmen zu ziehn,

Für Herd und König zu streiten.«


»O Gott, was hör ich? Gen Böhmenland

Und gegen Vater und Brüder?

So kühle zuerst blutdürstenden Mut

In meinem eigenen Böhmenblut,

Dann stoße den Bruder darnieder!«


Sie sprach's und sank in der Zofe Arm

Besiegt von Jammer und Schmerzen;

Im Herzen des Ritters da kocht es und wallt,

Die Liebe so heiß, die Pflicht so kalt

Sie kämpfen im blutenden Herzen.


Schon tönt Trommetengeschmetter im Hof,

Schon klirren die Waffen im Schlosse, –

Nicht länger schwanket der Ritter mehr,

Er eilet hinaus zum harrenden Heer

Und hebt sich gewappnet zu Rosse.


Bei Furth im Walde stunden zum Kampf

Bereit die böhmischen Horden,

Da brauset wie Wetter der Ecker daher,

Es rasseln die Schwerter, es klirret der Speer

Zu blutigem Schlachten und Morden.


Und mitten im heißesten Waffengedräng

Wen schaut der Ritter mit Zagen?

Der Gattin Bruder, ein junger Gesell

Er naht sich dem Ecker verwegen zur Stell',

Den Kampf mit dem Helden zu wagen.
[103]

Der Ecker gewahrt es und bebet zurück

Und ruft mit warnenden Worten:

»Hinweg von mir, Bethörter, hinweg!

Nicht zog zum Kampfe der Ecker von Eck,

Den eigenen Schwäher zu morden.«


Und heftig drückt er dem bäumenden Roß

Den zürnenden Sporn in die Weichen,

Und flüchtet von dannen und flüchtet in Hast,

Wie wenn ihn Wahn der Verzweiflung erfaßt,

Die heimische Burg zu erreichen.


Zu Straubing saß der Alte von Eck

Als Vizedom zu Gerichte,

Da nahet ein Schreckensbote zur Stund',

Und kündet dem Ecker mit bebendem Mund

Des flüchtigen Sohnes Geschichte.


Es wanket der Alte, es starret der Blick,

Das Blut gerinnt in der Ader:

»Zum Amt, ihr Richter, mahnet die Pflicht,

Ich fordre von euch des Verräthers Gericht –

Der unglückseligste Vater!«


Und rings im Kreise da wird es still,

Es fühlen die Richter Erbarmen,

Da hebt sich der Ecker so bleich und kalt

Und von dem donnernden Munde hallt

Das Todesurteil dem Armen.


Nach dreien Tagen blitzte das Beil

Des Henkers zum tödtlichen Streiche;

Es schaute der Ecker mit kaltem Mut

Des pflichtvergessenen Sohnes Blut

Entstrahlen dem Rumpfe der Leiche.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 102-104.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Nachtstücke

Nachtstücke

E.T.A. Hoffmanns zweiter Erzählzyklus versucht 1817 durch den Hinweis auf den »Verfasser der Fantasiestücke in Callots Manier« an den großen Erfolg des ersten anzuknüpfen. Die Nachtstücke thematisieren vor allem die dunkle Seite der Seele, das Unheimliche und das Grauenvolle. Diese acht Erzählungen sind enthalten: Der Sandmann, Ignaz Denner, Die Jesuiterkirche in G., Das Sanctus, Das öde Haus, Das Majorat, Das Gelübde, Das steinerne Herz

244 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon