146. Das Kreuz.

[145] Von FranzSchmidt. – Sage der Gegend von Ebermannstadt in Oberfr. – Biene, Bamberg 1837, S. 158.


Im Schweizerland der Franken trägt eine Felsenwand

Ein Kreuz von schlichtem Holze, wie's graue Zeit schon stand.

Hat wohl das Kreuz erhöhet die Trauer, war's der Dank?

Es denken Christi Opfer die Herzen froh und krank.

Von einem Sterbebette eilt einst ein Priester spät,

Dem Sturm voran zu schreiten, der auf am Himmel steht,

Es stellt dem kühnsten Läufer im Gang der Sturm sich gleich,

Es stand ereilt der Pfarrer bald in der Nächte Reich.

Des Priesters Silberlocken durchfurcht des Regens Guß,

Und vor dem Abgrund tastet des Greises schwanker Fuß.

Da sendet Gott zur Leuchte den allgewalt'gen Blitz,

Daß rückwärts tritt der Priester vom grausen Felsenritz,

Und auf den Knieen betet: »Herr, deiner Rache Gluth

Verwandelst du in Lämplein zu deiner Wand'rer Hut.«

Da, wo das Kreuz sich hebet, erschien das Rettungslicht

Uns Allen recht zum Zeichen: Gott läßt die Seinen nicht!

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 145.
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