17. Die Fahrt der Todten zu Kaiserslautern.

[20] Mündlich.


Längst ruht kein Stein mehr auf dem andern, wo weiland die stolze Veste Barbarossa's prangte. Nur einmal im Jahre, an dem Sterbetage des großen Kaisers, erhebt sich um Mitternacht die untergegangene Burg aus der Erde und leuchtet in altem Glanze. Alsdann steigen Ritter und Knappen aus ihren Gräbern hervor und versammeln sich in stummer Trauer. Auf den zwölften Glockenschlag setzt sich des Kaisers Trauerzug in Bewegung. Lange Reihen von schwarzen Rittern ziehen ohne Sang und Klang aus den geöffneten Thoren des Schlosses. Der erste derselben trägt Barbarossa's Haupt; oft glaubt man dumpf den theuren Namen des Kaisers aussprechen zu hören. Also bewegt sich der feierliche Zug durch alle Straßen der Stadt ungefähr bis zur Zeit der Hahnenkrähe, dann nimmt er seinen eiligen Rückzug in die Veste, die Gestalten verschwinden,[20] die Ritter legen sich wieder in's Grab, die Kaiserburg ist wieder versunken, und nur die Raben bezeichnen flatternd und krächzend die Stätte, wo weiland Barbarossa in seiner Herrlichkeit thronte.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 20-21.
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