185. Die Gräfin Beatrix von Orlamünde, oder die weiße Frau auf der Plassenburg.

[187] Die Literatur der Sage bei Falkenstein Nordg. Alterth. III., 151. Grimm d.S. II., 376; Stadelmann Archiv. f. Oberfr. I., 116. Die ältesten Erzähler: Lucä uralter Grafensaal S. 373; Brusch chron. mon. Germ. p. 133, Rentsch Cedernhayn S. 318. Neuerdings: J.v. Minutoli die weiße Frau. Berlin 1850. Hier nur die Sage der Plassenburg; was Neuhaus, Berlin etc. angehört, s. bei Minutoli. Grimm a.a.O. u. Hormayr Taschenb. 1830, S. 441.


Beatrix, des Grafen Otto von Orlamünde ehelich Gemahel, eine geborne Herzogin von Meran, verlor frühzeitig ihren Herrn. Sie war aber von ungemeiner Schönheit und wohnte zu Plassenburg mit ihren Waisen, einem Knäblein und einem Mägdlein, beide unter zwei Jahren. Wie nun der Wittwe seltene Schönheit dem jungen Burggrafen Albrechten zu Nürnberg behagte, also erklärte einstmals derselbe seine keusche Liebe, vorgebend, wann nicht vier Augen im Wege stünden, wollte er mit dieser Wittwe zu Plassenburg eine Heirath anschlagen. Sogleich hinterbrachten dieses Wort des Burggrafen der Gräfin zu Plassenburg die heimlichen Ohrenbläser. Weil nun solches ihren Ohren schmeichelte, auch ihren Lüsten wohlgefiel, gedachte sie darauf, wie sie die Kinder aus dem Weg räumen möchte. Und damit es das Ansehen hätte, als wären sie an einer heftigen Krankheit gestorben und schnellen Todes verfahren, so durchstach sie den Wirbel auf dem Haupte beider mit einer Nadel und tödtete also ihre leibliche Kinder.

Etliche wissen, die Gräfin sei eine Tochter des Landgrafen Ulrich von Leuchtenberg gewesen und habe sich 1321 mit dem Grafen Otto von Orlamünde verheirathet. Auch wird sie bald Agnes, bald Kunigunde geheißen.

Die Leichname der ermordeten Kinder seien in dem nahen Cisterzienser-Nonnenkloster Himmelkron beigesetzt worden. Die Gräfin selbst habe in einem Kerker zu Hof Buße gethan, oder sei, wie sich noch heutiges Tages die Leute der Gegend erzählen, als Büßerin auf bloßen Knieen von Plassenburg bis nach Himmelkron gerückt.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 187-188.
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