201. Der Dombau zu Bamberg.

[200] Von August Kopisch. – Pomarius p. 185. Münster cosmogr. l. III. bei Grimm d.S. II., 175.


Beim Dombau zu Bamberg ging es zu langsam her,

Da betete Frau Baba, auf daß es anders wär'!


Nun schenkt' ihr Gott ein Wunder. Damit war's so bestellt:

Sie bracht an jedem Abend eine große Schüssel Geld.


Die setzt' sie an die Pforte und jeder Werkmann nahm

Sich selber seine Löhnung, wie er vorüber kam.
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Doch mehr als er verdiente, konnt' er nicht nehmen dort,

Und wollt' er mehr sich langen, so rollt' es wieder fort.


Den Fleißigen schmeckt es süße, wie lauter Honigseim,

Gewaltig griffen die Faulen, doch brachten sie wenig heim.


Da wurden sie endlich wacker: nun bauten sie den Chor,

Nun setzten sie Stein auf Stein da, nun stieg der Dom empor!


Es blieb Frau Baba's Schüssel fast bis zur Hälfte voll,

Tagtäglich war sie leichter, nun ging es, wie es soll!


Tagtäglich blieb ein Groschen, nun war's der rechte Zug!

Am Groschen war zu merken, es hab' ein Jeder g'nug.


Frau Baba sprach: »Das Wunder ist Bild vom Himmelreich:

Da gibt es keinen Faulen, da schafft ein Jeder gleich;


Was Gott sie heißt vollbringen die Engel in schnellem Flug,

Und wessen Jeder werth ist, deß hat ein Jeder genug.«

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 200-201.
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