223. Die langen Schranken.

[218] Die vor. Schrift, S. 159.


Im Bereich der alten Stadt liegt ein schöner, ebener Platz, welcher jetzt mit Obstbäumen bewachsen ist. Hier, sagt man, sei vor Zeiten der Turnierplatz gewesen, daher der Name »die langen Schranken« noch bis auf den heutigen Tag sich fortgeerbt habe. Einst war ein glänzendes Turnier angestellt, zu dem kamen viele fremde Ritter. Einer derselben erblickte unter den anwesenden Damen eine, die wohl auch fremd sein mochte, und deren Schönheit ihn so bezauberte und umstrickte, daß er sich zu ihrem Kämpfer weihte, und Jedem den Handschuh hinwarf, der ihr nicht den Preis der Schönheit zugestehen wollte. Er blieb auch wirklich Sieger, streckte alle Gegner in den Sand und nahte nun der Holden, die ein meergrünes Kleid trug, sittig, ihren Dank zu empfangen. Sie lächelte ihn liebreich und holdselig an, aber wie ward ihm, als er dabei wahrnahm, daß sie grüne Zähne hatte? Er bebte zurück, sie stieß einen Schrei aus, verwandelte sich in ein Seeweiblein und rutschte auf dem Schlangenleib dem Maine zu, in den sie sich stürzte und auf dessen Oberfläche sie eine Weile fortschwamm, bis sie niedertauchte und den Blicken der staunenden Herren und Damen entschwand. Da that sich der Ritter seine Waffen und Rüstung ab und trat als Mönch in einen der strengsten Orden.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 218-219.
Lizenz:
Kategorien: