240. Sankt Kilian.

[234] Von J.B.Goßmann.Serar. vita S. Kil. ap. Ludewig Geschichtsschreiber p. 966. Gropp Wirtzb. Chron. I., 39. u.A.


Der Gottesmann Sankt Kilian, von edlem Stamm ein Schotte,

War jenem Glauben zugethan, der Juden dient zum Spotte,

Den Heiden aber Thorheit ist; Er war's mit Herz und Munde

Und wünscht, daß Jeder sei ein Christ, aus laut'rem Herzensgrunde.


Was ihn so froh, so selig macht, das sollen Alle finden,

Des Götzenglaubens alte Nacht soll vor dem Lichte schwinden,

Das aus dem Stall von Bethlehem die ganze Welt verklärt hat,

Dann sterbend zu Jerusalem am Kreuze sich bewährt hat.


D'rum zieht er aus dem Vaterhaus, die Botschaft zu verkünden

Den Völkern, die in Heidengraus noch leben und in Sünden,

Der besseren Erkenntniß baar, entbehrend eines Sternes

Der ihnen Licht und Leuchte war, und doch so edlen Kernes.


So kommt er in das Frankenland mit seinen zwei Gefährten,

Wo sie sich an des Maines Strand mit roher Kost noch nährten;

Denn keine Rebe blühte dort, sie wußten Nichts von Feldern,

Umgeben düster war der Ort von schauerlichen Wäldern.


Doch in die Herzen drang das Licht, es drang auch in die Wälder,

Sie widerstanden beide nicht, und wurden gute Felder;

Die kehren Beil und Pflugschaar um, und müh'n sich nicht vergebens,

Und die das Evangelium zur Saat des ew'gen Lebens.


Schon war im Land' auf manchen Höh'n das heil'ge Kreuz errichtet,

Schon war vom Maine bis zur Rhön auch mancher Wald gelichtet,

Und Gottes reicher Segen ruht gar sichtbar auf dem Samen

Den Kilian mit hohem Muth gestreut in Jesu Namen.
[234]

Doch wo ein guter Sämann sä't, da kommt der Feind gegangen,

Der lang die günst'ge Zeit erspäht mit sehnlichem Verlangen,

Er wirft das Unkraut in die Saat, das bald darin erblickt wird,

Damit durch solche schnöde That das edle Korn erstickt wird.


Der Herzog Goßbert liebt ein Weib, in jugendlicher Blüthe,

Die war wohl schön an ihrem Leib, doch schön nicht im Gemüthe;

Des Herzogs Bruder hatte sie zur Gattin erst genommen,

Dann war sie, fest in Treue nie, an Goßberts Hof gekommen.


»Es ist dir, Herzog, nicht erlaubt des Bruders Weib zu nehmen!

Wer treu an Jesum Christum glaubt muß seine Lüste zähmen;

Herodes that, wie du gethan, der Herr hat ihn gezüchtigt!

Herodias, sie bleibt fortan durch alle Zeit berüchtigt!«


Der Herzog hört es an und schweigt, und scheidet nicht im Grolle,

Und fühlt im Herzen sich geneigt, es koste, was es wolle,

Zu lösen das verruchte Band, das ihn an jene kettet,

Auf daß er vor der Hölle Brand die sünd'ge Seele rettet.


Doch in Gailana's Herzen kocht's, wie Gifte speit ein Drache,

Durch alle Pulse glüht's und pocht's: »Ha! Rache! Rache! Rache!

Du falscher Bischof, der du mir willst Lieb' und Leben rauben!

Arglistiger, was that ich dir? So sei verflucht dein Glauben!«


»So sei verflucht dein Christenthum, verflucht sei, der's gestiftet!

Verflucht dein Evangelium, das uns die Welt vergiftet!

O Freya, wär' ich doch getreu nur deinem Dienst geblieben,

Kein Fremdling hätte sonder Scheu mich aus der Burg vertrieben!«


Da sie dem Heil'gen so geflucht, geflucht dem eig'nen Leben,

Hat sie sich Diener ausgesucht, ihr treu und ganz ergeben,

Die drangen in des Bischofs Haus wie ungestüme Horden,

Den gottgesalbten Mann, o Graus! mit blankem Beil zu morden.


Doch kaum geschah der Todesstreich, so ward er schon gerochen:

Der eine Mörder hat sich gleich mit eig'nem Schwert erstochen,

Den andern treibt es her und hin, sein Geist ist ihm geblendet,

In Wahnsinn hat die Stifterin der Frevelthat geendet.


Zu Würzburg ist des Martyrs Blut und seiner zwei Genossen,

So ihn begleitet treu und gut in finst'rer Nacht geflossen,

Zu Würzburg nächst dem Dome nun, Neumünster heißt die Stätte,

Wo sie ermordet wurden, ruh'n die drei im Todtenbette.
[235]

Nach Würzburg wallt noch jedes Jahr am Kilianustage

Des Frankenvolkes fromme Schaar und kniet am Sarkophage

Von Morgens früh bis in die Nacht, und läßt den heil'gen Glauben

Den sein Apostel ihm gebracht durch keinen Feind sich rauben.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 234-236.
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