274. Schloß Huhnberg.

[266] Bechstein S. 245.


Ueber Nüdlingen, zwischen Münnerstadt und Kissingen gelegen, ist eine Burgstätte auf einem ziemlichen Hügel sichtbar, welche heute Huhnberg genannt wird, vor Alters aber Henneberg genannt wurde, wie eine Urkunde vom Jahre 1243 deutlich aussagt. Den Namen soll Burg und Berg von einem zahmen oder Haushuhn erhalten haben, das zur Zeit, als man die erstere gründen wollte und für dieselbe noch keinen Namen wußte, auf diesen ein Ei gelegt. Zur Unterscheidung des Namens von dem weit früher schon erbauten Stammschlosse Henneberg aber, habe man es später nicht Henne-, sondern Huhnberg genannt, und diese Burg durch das Bild eines Haushuhns von dem Wappen der ersteren, einer Wildhenne, unterschieden. Die Sage verkündet, daß, von Erbauung dieser Burg an, alle hundert Jahre Mittags und Mitternachts ein Huhn auf dem Schloßberge dreimal fröhlich schreie und so das Jahrhundert verkünde, wie man es zuletzt noch, namentlich im Jahr 1742, gehört haben will. Noch soll unter den verschütteten Kellern und Gewölben der Huhnburg viel Geld und Wein verborgen sein. Die Leute erzählen: Jeder, der den Schloßplatz besuche, finde bei seinem ersten Kommen, wenn er nicht an die Schätze denke, und nicht auf deren Hebung ausgehe, eine kleine Oeffnung, welche in die Tiefen hinabführe; benutze er dieses Glück, so könne er reich werden, doch nie werde zum zweitenmale diese Gelegenheit geboten. Wer[266] die Oeffnung finde und einen Stein in sie hinabwerfe, höre diesen nicht auf den Grund fallen, so tief hinab gehen Keller und Gewölbe, so tief ruhen die Schätze. Versuche, durch Nachgrabung sie zu heben, schlugen gänzlich fehl, und mußten bald unterbleiben, denn die Grabenden sahen sich seltsam erschreckt und in ihrem Vorhaben gehindert. Auch wurden Versuche solcher Art obrigkeitlich untersagt. Daher harren die Schätze noch der Erhebung.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 266-267.
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