283. Mariabuchen bei Lohr.

[273] Gropp coll. nov. script. Wirceb. I., 34. J.G. Höfling Beschreib. u. Gesch. von Mariabuchen S. 11.


Unter dem Volke von Franken geht allgemein die Sage von dem Ursprung der Wallfahrt Mariabuchen bei Lohr. Auf dem Platze, wo heutiges Tags das Kirchlein steht, erhob sich vor Zeiten eine gewaltige Buche. Dieser Baum hatte die sonderbare Eigenschaft, daß kein Jude vorübergehen konnte, ohne wie von einer geheimen Kraft gefesselt und angehalten zu werden, während die Christen unbehindert ihres Weges vorüberzogen. Einmal kam ein Jude daher, dem geschah es wie seinen Brüdern, daß er keinen Schritt von dem Baume weiter konnte. Da entbrannte er in Zorn, zog einen Dolch und stieß ihn wüthend in die Buche. Aber o Wunder! alsogleich ertönt aus dem Innern des Baumes ein dreimaliges Wehe! Der Jude sieht seinen Dolch von Blut befleckt und sinkt ohnmächtig vor Schrecken zu Boden. Bald darauf kamen Christen des Weges, hoben den Juden auf und vernahmen aus seinem Munde die seltsame Geschichte. Nun wurde die Buche von Obrigkeits wegen geöffnet, und siehe! ein Bildlein der schmerzhaften Muttergottes gefunden, das von Blut noch geröthet war. Schnell gelangte der Ruf von dieser Begebenheit bis zu den Ohren des Bischofs Johann von Brun, der ließ auf dem Orte eine Kapelle bauen, welche nachmals durch den Bischof Julius erneuert und vergrößert worden.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 273-274.
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