292. Das Kloster auf dem Engelsberge.

[280] Von J.F.Adrian. – Ph. J. Mädler das Kloster auf dem Engelsberg. 1840.


Dort oben auf des Berges Rücken

Erglänzt im goldnen Sonnenschein

Ein Kloster vor des Wandrers Blicken

Und ladet still zur Andacht ein.

Wie dieses Kloster hier gegründet,

Das fromme Wort euch jetzt verkündet.


Vor Alters stand an dieser Stelle,

Von Eichen friedlich still umhüllt,

Wohl eine heilige Kapelle

Mit Maria's wundervollem Bild,

Und viele Pilger kamen,

Die Hülf' und Tröstung von ihm nahmen.


Wenn Sommernächt' den Himmelsbogen

Mit ihrem goldnen Sternentanz

Und hellem Mondenschein umzogen,

Da strahlt um's Kirchlein Heil'genglanz,

Und Engelein auf Himmelsschwingen

Umschwebten es mit süßem Singen.


Und an dem Bild der heil'gen Frauen

Da war in stiller, klarer Nacht

Ein helles Lichtlein stets zu schauen,

Das flammt in hehrer Himmelspracht,

Und glänzte durch der Eichen Dunkel

In's Thal ein sel'ges Sterngefunkel.


Und andachtsvoll aus allen Gauen

Die Menge hin zum Berge wallt,

Das heil'ge Wunderbild zu schauen,

Durch treuer Bitten Allgewalt

Des Himmels Hülf' sich zu erflehen –

Getröstet All' von dannen gehen.


Da wölben sich zu hohen Hallen

Der Eich' und Fichte kräft'ge Höh'n,

Und fromme Mönche sieht man wallen

Und betend an dem Bilde steh'n,

Und Segen strömt vom Wunderbilde

Hinab auf blüh'nde Maingefilde.


Und weil, wo holde Englein sangen,

Auf ihr Geheiß der Bau entstand

Ward auf des gläub'gen Volks Verlangen

Das Kloster Engelsberg genannt:

In manches Herz, von Freud' geschieden

Quillt da der Engel reiner Frieden.


Noch oft, bei goldnem Sternenreigen

Entzücket frommer Mönche Ohr

Mit süßem Klang von Harf' und Geigen

Der lieben Englein Feierchor;

Gott preisend sinken dann die Brüder

In tiefer Andacht Gluten nieder.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 280-281.
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