317. Teuffel, die sich für Münch außgeben.

[313] Von Georg Sabinus. – Weier, von der Zauberei I., cap. 17 bei Nodnagel deutsche Sagen 1836, S. 114. Grimm deutsche Sagen I., 363.


Ein Stadt am Rhein alt und bekandt,

Mit Namen Speyr ist sie genannt,

Dem Wormser boden sie nah leit,

Mit Mauren fest sehr wol gefreyt.

Man sagt, es haben Nemetes

Vor Zeiten da gehabt ihrn seß!

Auch seynd auß Franken hochgeborn

Vier Hertzög in der Stadt verschorn,

Cäsar daselbst der tapfer Heldt,

Sein leger hatt in freyem feldt,

Daher jhr Nam Speyer genannt,

Den Griechen ist gar wol bekandt!

Alda sein sitz ein Burger hett,

Mit fischen er sich nehren thet:

Sein Nahrung sucht er bey der nacht

Im Rhein mit garn darzu gemacht.

Als er sich aber auff ein zeit

Bey nacht zu fischen hett bereit,

Kam zu ihm an das Ufer dar

Ein Man den er nit kennet zwar,[313]

Ein schwartze kutten trug er an,

Wie man sieht daß die Münche han,

Den Bruder grust nach alter weiß

Der Fischer, forscht nach seiner reiß,

Daß er sich hett bei eitler nacht

So schnell zu reisen auffgemacht.

Er sprach: »Ich kom ein Bott von fer,

Schnell vber Rhein ist mein beger,

Der Fischer sagt, Tret zu mir ein,

Ich wil dich führen vber Rhein,

Als sie nun waren vbergfahrn

Fünff ander Münch behend da warn,

Der Fischer grüst sie mit bescheidt,

Fragt wo doch her gieng jhr geleidt,

Daß sie der Zeit nicht hetten acht,

Vnd reisten so bey eitler nacht.«

Der ein münch sprach, die not vns treib,

Bey nacht zu retten vnsre Leib.

Denn alle welt die ist vns feindt,

Dieweil wir Gottsdiener seindt.

Was geistlich heist, das wird veracht,

Hie niemandts ist der solchs betracht,

Die Welt vns gern auch gar thet hin,

Wenns ihr gelüng nach ihrem sinn,

Weil wir dann manchem nütz gewest,

So sey du wieder freundt der best,

Vnd nehm vns in den nachen dein,

Führ vns in eil hin vbern Rhein.

Fur solche trew dir desto mehr

Zu lohn an fischen Gott bescher,

Der Fischer sprach, ja jr redt wol;

Sagt wer mir mein lohn geben soll,

Du weist, sie sprachen, wies jzt steht,

Daß schmal vnd dürr genug zugeht.

Den heutigs tags gemeine Leut

Den München geben keine beut,

Den Opfferpfenig helt man ein,

Weil einigkeit wil thewer seyn.

Doch dankbarkeit du spüren solt,

Wann Gott vns wieder wird seyn holdt;

Als dann wir für dein arbeit schwer

Dir geben wöllen desto mehr,

Darauff der Fischer stieß von landt

Den nachen mit sein thewren pfandt:

Als nun der Nachen fürbaß gieng,

Ein Wetter sie gar schnell vmbfieng.

Die finstern Wolken deckten gantz

Die hellen Stern mit jhrem glantz,

Der Wind tobt schrecklich vmb das Schiff,

Groß regen auch mit vnterlieff,

Das Nächlein schier bedecket war

Mit Wasserwellen gantz und gar,

Sein farbe dem Fischer gleich entfiel

So gar, als wenn jtzt wer sein Ziel.

Sprach bey sich in dem vngemach,

Was mag doch das seyn für ein sach?

Kein regen ich gemerket hab,

Da sich die sonn begab hinab;

So ist kein schwalb nahe oder weit

Geflogen auff daß Wassers breit;

Kein Reyger ich gesehen hab

Das Wasser fliegen auff und ab;

Der Mond ist auch an seinem schein

Nechten gewesen schön und rein,

Auch sah die Sonn schön hell und klar,

Als sie im vndergehen war.

Der Fischer redt. Des Windes sauß

Die wort fuhrt alle dort hinauß

Auch fuhren vbers Schiff gering

Die wellen, daß schier vnderging,

Doch hub er auff in solcher not

Sein Hände, bat vmb hülffe Gott.

Der München einer sprach mit Zorn,

Was ligst du Gott mit bettn in ohrn,

Riß ihn das ruder aus der handt

Und schlug ihn, daß ers wol befandt,

Den Leib zerplauwt er jhm so gar,

Daß nichts zum todt mehr vbrig war.


Also kam endlich an den tag,

Worans den schwarzen München lag,

Derhalben sie schnell in der lufft

Auffuhren wie ein leichter tufft,

Vnd letzten sich mit solchem stanck,

Daß wer es roch, in ohnmacht sank.


Bald sahe der Himmel wider schön

Im lufft man hört auch kein gethön.[314]

Wiewol vom schrecken vnd gewalt

Der Fischer bey nah war erkalt,

Ermannt er doch vnd fuhr ans landt,

Legt sich da nieder auff den sandt,

Wart bis der helle tag anbrach,

Da endert sich die böse sach.

Denn Gott ein Knaben zu jm sandt,

Der hub ihn auff mit seiner handt,

Vnd führt jn heim zu seinem Weib,

Daselbsten er ein klein weil bleib.

Denn als er seinen Freunden all

Erzehlet hatte diesen Fall:

Auch alles hatt daheim bestellt,

Fuhr er dahin auß dieser Welt.


Deß andern tags nach der geschicht

Hat sich erzeigt ein gleichs gesicht:

Ein Bott auß Speyer früh außging,

Bey zeiten er sein reiß anfing,

Da er nun auff dem weg ging fort,

Auch sonst kein Menschen sah noch hort,

Sieht er ein Wagen ohn geferdt

Schnell zu jhm rasseln auff der Erdt:

Die Deck von schwarzem Tuche war,

Mit München auch besetzet gar,

Der Pferdt dran waren sieben joch,

Ein radt am Wagen mangelt noch,

Der Fuhrmann der regiert die Roß,

Ein Nasen hat, war schrecklich groß,

Der Bott verstuzt begundt zustehn,

Und ließ die Kutsch füruber gehn.

Da merkt er erst die ganze sach,

Sah daß aus Teuffels trug geschah.

Flugs fuhr der Wagen in die Höhe,

Als wann es wer ein fewers löhe.

Ein Dampff mit grosser fewer flam

Mit krachen, prasseln baldt drauff kam.

Von schwerdtern hört man ein gekling,

Als wann ein Heer zusammen gieng.

Da dieß nun geschehen war zur handt

Der Bott sich auff dem weg vmbwandt:

Zeigts an den Leuthen in der Stadt,

Was sich früh drauß begeben hatt.


Vnd weil es ist ein ware geschicht,

So kan ichs auch verbergen nicht.

Auch könt ich wol, wanns nöthig wer,

Anzeigen, was drauß sey die leer.

Die Fürsten Teutscher Nation

Jetzund in grossem zwietracht stohn.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 313-315.
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