320. Schloß Hambach.

[316] Von K.F.Schuler. – Die Zerstörung 1525. Frey a.a.O. II., 555. Remling a.a.O.


Stand ein Schloß mit hellen Zinnen,

Fried' und Freude wohnten drinnen,

Kaiser Heinrich hat's erbaut,

Daß er von der Haardt geschaut

Schöne Pfalz am Rheine.


Glich das Schloß des Vaters Throne

Und des Kaisers schönster Krone;

Denn das Land lacht, als ein Kind,

Frühroth malt, als Hyacinth

Und Rubin, die Firste.
[316]

Stand das Schloß mit hellen Zinnen,

Fried' und Freude wohnte drinnen,

Als ein Bauernhaufe kam

Und das Schloß mit Hoffart nahm

Und mit Sens' und Gabeln.


Haben seinen Herrn gefangen,

Sammt den Dienern aufgehangen

Und die Tochter vom Gebet,

Da zum Heiland sie gefleht, –

Helden gleich! – gerissen.


Gottes Buch stand aufgeschlagen:

Konnten sie's zu küssen wagen? –

Jeder hat das Buch geküßt;

Freiheit hab' ein jeder Christ,

Gleich sei'n Herrn und Bauern.


Und von Dörfern nah und weite

Klang in Thürmen hell Geläute,

Doch Geläut nicht friedenvoll,

Sondern Aufruhr, Bauerngroll,

Nicht Geläut zur Kirche.


Und die Jungfrau ward gerissen

Zu des Kellers Finsternissen;

Leuchten mußt' aus jedem Faß

Wein, zu löschen Bauernhaß

Gegen alle Herren.


Selber sind die Herren worden,

Wollten gern doch alle morden,

Und sie ließen leben sich,

Thaten herr- und gütiglich

Vor dem größten Fasse.


Dieser hielt die Maid umschlungen,

Die geweinet und gerungen;

Jene tanzten um den Wein,

Rieslingdüfte würzig fein,

Jauchzten hoch und sanken.


And're schrieen auf dem Spunde:

»Bratet, hängt die großen Hunde!

Das ist Rechtens – Christenthum!

Brod und Wasser machen dumm!

Wein, ihr Herren, Wein her!«


Sie erklärten die Novellen,

Und vergaben Amtmannsstellen,

Legten sich die Bibel aus,

Tranken auch nicht übel aus

Nebenbei, als Herren.


Einer schlief und sah im Traume

Weib und Kind an Hütt' und Baume,

Trank mit ihnen Wasser klar,

Bot vom Kuchen freundlich dar,

Kuß auch Weib und Kinde.


Und zur Kirche hört' er läuten

Und darin die Worte deuten:

»Wer der Kleinste unter euch,

Ist der Größt' im Himmelreich,«

Hört' es nur im Traume.


Und er sah sich selbst – zufrieden,

Von dem falschen Stolz geschieden,

Wetzend in der Wiese steh'n

Und in Blumen Kräutern mäh'n,

Sah es nur im Traume.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 316-317.
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