325. Der Käs-König zu Dürkheim.

[322] Frey Beschr. II., 419. J.G.Lehmann Gesch. Gem. II., 131.


Für Nutznießung eines dem Kloster Limburg gehörigen Weidenstrichs hatte Dürkheim mit einigen Nachbar-Gemeinden einen jährlichen Zins zu entrichten. Von diesem Zinse schreibt sich eine alte Gewohnheit her, welche noch bis zur Zeit der französischen Revolution beobachtet wurde, heutzutag nur noch in sagenhafter Erinnerung lebte. Aus den Bürgerssöhnen Dürkheims wurde nämlich einer zum Könige gewählt, welchem ein Marschall zur Bedienung beigegeben war. Dieser begab sich nun jährlich, Pfingstmontags frühe, in Begleitung von zwei Aechtern und eines starken berittenen Gefolges, in die zum Weidgang in's Bruch berechtigten Dörfer und Höfe, um den Zins für die Gerechtsamen in Empfang zu nehmen, und weil der größte Theil desselben in Käsen bestand, so wurde der Gewählte der Käs-König genannt. War nun der[322] Umritt vollendet und der Zins eingetrieben, so hielt der König des Nachmittags seinen Einzug in die Stadt, mit einer Krone von blauen Kornblumen geziert und einen, auf einem Stabe befestigten, gekrönten Käs als Scepter in der Hand haltend. Auf dem obern Markte erwartete ihn eine, aus den Jungfrauen Dürkheims gewählte Königin, sowie auch den Marschall eine Gefährtin, und nachdem die Bürgerwache einen Kreis geschlossen, tanzten beide, der König, sowie sein Marschall, mit ihren auserwählten und mit Geschenken beglückten Gefährtinnen, nach den Tönen der Musik. Gaffend umwogte die Menge dieses Schauspiel, bis dann endlich der ganze Schwarm in das dafür bestimmte und auf drei Tage von allen Abgaben befreite Wirthshaus, das Königreich genannt, zum Zechen, Tanzen und Schmausen einzog.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 322-323.
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