326. Ein Grabstein in der St. Johanniskirche zu Dürkheim.

[323] Lehmann II., 95.


In der Johanniskirche zu Dürkheim befindet sich ein merkwürdiger Grabstein. Darauf sind zwei Ritter in erhabener Arbeit, gerüstet und einander gegenüber liegend, vorgestellt. Der eine derselben ist ein Greis, und der andere ein jüngerer Ritter. Davon geht eine alte, beinahe verklungene Sage. Die beiden Ritter auf dem Steine stellen Vater und Sohn vor; dieser ermordete jenen und darauf sich selbst. Die Ursache dessen war die Liebe des Sohnes zu einer edlen Jungfrau, mit deren Eltern der Vater in Fehde lebte. Die Eltern des Mägdleins waren auf deren dringendes Bitten zur Aussöhnung bereit und willigten in die Vermählung, doch des liebenden Sohnes Vater blieb starr und unbeugsam bei seinem Willen und seinem Hasse. Die Jungfrau sank, das liebende Herz von Gram gebrochen, bald darauf in's Grab, ihr Bräutigam, dem harten Vater fluchend, zog hinaus in das für ihn todte und einsame Leben. Da trug es sich zu, daß ein Krieg ausbrach. Vater und Sohn befanden sich bei den gegenüberstehenden Heeren. Beide stießen in der Schlacht aufeinander und der Sohn versetzte dem Vater eine tödtliche Wunde. Nach geendigter Schlacht erfuhr der Unglückliche, daß er seinen[323] eigenen Vater getödtet. Vor Entsetzen starr sieht er die Leiche, stößt sich das Schwert in die Brust und sinkt lautlos neben dem Vater zu Boden. Beide umschloß ein Sarg, wie ein Grabstein ihre Geschichte verkündet.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 323-324.
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