337. Der Hirt von Oggersheim.

[336] 2.


Von LudwigSchandein. – Pfälzisch.


Mit Schrecke em noch heut gedenkt

Der dreißigjärig Krieg;

Do word gemordt, gebrennt, gesengt,

Segar noch nochem Sieg.

Vun viele Feind war doch derwüscht

Das Diebschor, die Spanjole:

Wollt das die Palz mit lauter Lischt

Als Morgenimbs sich hole.


Vor Oggerschem mußt still m'r steh',

Do war gelecht e' Knopp;

Der Owerscht wollt un wollt nit geh':

Der hatt die Palz im Kopp!

Isch 's Städtel wul ach stark verschanzt,

Doch krikt's die Gäsegichter:

M'r hot se pärsch schun angeranzt –

Der Feind steht immer dichter.
[336]

Doch ener numme weist noch Mut,

Der denkt in seinem Sinn:

Prowir's, un wann's nir helfe dut –

Do gehts in enem hin.

Un herzhaft stellt er sich uf's Thor,

Un wegelt 's weiße Tüchel

Un ruft: »Gebt ehr uns Schutz devor,

Isch gleich uf Thor un Richel!


Doch seid ehr köppisch, roh un hart,

Werd herzhaft sich gewehrt:

Es werd noch grosi Hülf erwart –

En Ehr die anner wert!«

Den Owerscht frät das gar zu sehr,

Un gleich isch's Thor ach offe;

Doch als sie drei', isch alles leer,

War alles fortgeloffe!


Der Uewerrescht das isch der Hert,

Es isch der Hannes Warsch;

Wie's Städtel so belagert werd,

Mächt alles linksum marsch.

Der Owerscht frogt, er sächt gedrückt:

»Wie kunnt ich ach mitlafe?

Mei' Fra die hot e' Klenes krikt –

Das muß ich halt doch tafe!«


Trett nächer hin un bitt un sächt:

»Das Städtel isch befreit!

Herr Owerscht, isch es Euch nit recht,

So halt ich Kinntaf heut?«

Der Owerscht sicht en freundlich an,

Er nimmt's em nit vor üwel

Un sächt: »Weil du so brav gethan,

So heb ich der dei' Büwel!« –


Nit wohr, das Stückel isch mol schö',

's könnt schöner wul nit sei';

Es sollt in jedem Büchel steh',

Drum setz ich's do erei'.

In Oggerschem isch's wul gekennt,

Ja jedes Kinnel kann es;

So lang m'r Oggerschem noch nennt –

So nennt m'r 's Warsche Hannes! –

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 336-337.
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