38. Die wilden Männer.

[38] Die vor. Schrift a.a.O.


In den Engen des Achthals bei Pfronten haben ehedem viele »wilde Männer« gehauset, wie alle Leute noch erzählen. So ist einer auf dem Bärenmoos gewesen, ein gar arglistiger Geist. Man sagt, er habe zu seinen Lebzeiten mit einem seiner Freunde einen Handel gehabt wegen einer Wiese, und habe deßhalb einen falschen Eid geschworen. Nach seinem Tode nun, da er noch keine Ruhe gegeben und besonders seine Freunde aus Haß und Neid verfolgt habe, sei er durch geistliche Mittel in's Bärenmoos hinaus verbannt worden. Seit der Zeit blieb zu Nachts kein Mensch mehr dort in der Nähe, und man trieb sogar das Vieh hinweg, damit demselben der Geist nicht schaden könne. – So hat auch der Schaidbachmann viel Uebels gestiftet, wo ihm ein Mensch ist in die Nähe gekommen, der kein gutes Gewissen gehabt hat. Höret nur eine Geschichte: Eines Tages gehen mehrere »Buben« in's Holz auf den Schaidbach. Spät Abends, als sie nun zusammen kommen in einer Heuhütte, um da zu übernachten, hören sie auf einmal »Juche!« schreien. Die »Buben«, wie sie eben sind, antworteten sogleich mit einem »Juchezer«. Da aber rappelt's plötzlich über ihren Köpfen, als wenn ein Haufen Steine über das Dach ausgeschüttet würde. Jetzt sind die drinnen in der Hütte freilich nicht wenig erschrocken und haben kein Wörtlein gesagt, sondern sind mäusleinstill geblieben. Da ruft der wilde Mann von außen: »Gebt mir nur ein Härlein heraus von eurem Haar, so habe ich euch sammt und sonders.« Ihr könnt denken, daß sie das wohl haben bleiben lassen. So ist er denn wieder ruhig geworden. Seit vielen, vielen Jahren aber hört man nichts mehr von diesen und andern wilden Männern, denn, wie man sagt, so hat sie der Papst Pius VI. »verbetet«, als er in den achtziger Jahren in diese Gegend gekommen; andere aber sagen, es habe sie Kaiser Joseph II. auf immer gebannt.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 38-39.
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