450. Der Pesttanz zu Immenstadt.

[468] A.C.Cammerer Naturwunder, S. 151.


Als zu den Zeiten des dreißigjährigen Krieges, besonders zwischen 1632 und 1639, durch Raub und Verheerungen der Schweden unter ihrem General Grafen Mansfeld, in den friedlichen Thälern des Gebietes von Immenstadt eine gräßliche Hungersnoth, und in deren Gefolge die menschenfressende Pest wüthete; da alle Freude verstummt, auf allen Gesichtern nur Todesschrecken zu lesen war, und selbst bei der allmähligen Verringerung der Sterblichkeit überall nur todte Trauer und stumpfe Betäubung herrschte: gab ein Priester den Rath, öffentlich Volksbelustigungen und Tänze anzustellen und die in Trauer und Schrecken versunkenen Gemüther wieder zur Lebensfreude aufzuregen. Der Rath ward angenommen und alsbald in's Werk gesetzt. Man zog mit Musik in versammelten Schaaren auf den Marktplatz, hielt öffentliche Umzüge, Tänze, Vermummungen, und fand allgemein an den neuen derben Possen Vergnügen und – die ersehnte Hilfe. Darum hält man dahier noch jetzt fast alle Jahre zum bleibenden Andenken an jene höchst betrübten Zeiten auf dem Marktplatze und in den vornehmsten Straßen öffentliche Umzüge und Volksbelustigungen, von Einheimischen und Fremden recht gerne gesehen, und nach dem Ursprung der Pesttanz genannt.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 468-469.
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