458. Der Menschenfuß zu Freising.

[474] Mündlich, und: Lexikon v. Bayern I., 634. Reise durch den bayr. Kreis. Salzburg u. Leipzig 1789, S. 79.


Auf der obern Gallerie der Domkirche zu Freising rechter Hand steht ein dem heil. Sigismund geweihter Altar. Daneben hängt in einem Glaskästchen das unterste Gelenke eines Menschenfußes. Diese Reliquie unterscheidet sich von allen übrigen dadurch, daß sie nicht von einem Heiligen, sondern von einem Gotteslästerer herstammt. Die Bauern des Dorfes Manching an der Vils unweit Landau kamen alljährlich am zweiten Pfingsttage in Prozession zu dem heiligen Sigismund nach Freising gezogen. Einst da sie schon in feierlichem Zuge aus dem Dorfe wallfahrteten, sahen sie einen der Nachbarn auf dem Kirschbaum sitzen und Früchte brechen. Da fragten sie ihn, warum er nicht mit ihnen nach Freising wallfahrten ginge? »Ich möchte nicht, daß ein Fuß von mir dort stünde,« rief der gottlose Bauer vom Baum herab, und siehe da, in demselben Augenblick löste sich ein Fußgelenke vom Leibe des Frevlers und fiel zur Erde. Da lag aber des Bauers Hofhund, der faßte den herabgefallenen Fuß und trug ihn, neben den Wallfahrern herlaufend, in die Domkirche nach Freising und legte ihn dort auf dem Altare des heiligen Sigismund nieder.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 474.
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