68. Die übergoßn' Alm.

[70] Von F.v.Kobell. – S. Volksbüchlein von Auerbacher I., 122., woselbst der nördliche Abhang der Kaiser am Wendelstein als Oertlichkeit der Sage benannt ist. M. Schottky, Bilder aus der südd. Alpenwelt, S. 172 u. 241.


Bals d' aufi steigst zum Blimbachthor,

Da sichst den ewign Schnee,

Wo dort jetz' All's d' erfrorn, is sunst

Wohl gstanden schöner Klee

Und Woad für vieli hundert Küh',

An' Alm, wie koani mehr,

Dees aber is vor Alters gwest

Und is scho' hübsch lang her.

Und selm, da hab'n Diendl'n g'haust

Auf dera Alm da drobn,

Die san wohl gwest gar schö' und reich,

Sunst weiter nit viel z'lobn.

Sie habn a' lusti's Leb'n g'führt,

Denn was die Alm d' ertragn,

Wie Milch und Kaas' und Butter g'west,

Dees ko' ma' gar nit sagn;

Und weil's halt so d' ergebn hat,

San d' Diendln fürnehm worn

Und übermüthi', wie 's halt geht,

Voll Hoffarth hint' und vorn.

Und hamm die Küh' mit Glockna ziert

Vo' Silber, Narr, a' Pracht,

Und d' Stier' die Horn auf's schönst' vergold't,

Und selli Sachan g'macht.

Und Wein vo' Salzburg Faßlweis

Hamm s' in die Keller g'habt,

Da hat an diem a Jagabua

Sei' Noagl eini g'schnappt.

Statt aber, daß s' aa 'was d' erkennt,

Und bet't hätt'n fruh und spat,

Hamm s' nie an unsern Herrgott' denkt,

Nie dankt für soviel Gnad![70]

Amal in ihnern Uebermuth

Hamm s' gar a' Straßn g'macht

Vo' lauter Butter über 'n Berg

Und hamm d'rauf tanzt und g'lacht

Unb daß der Teufi aa' was hätt'

Ham s' gmoant, so soll er s' habn

Die Straßn, frißt er s' über Nacht

Mit seine Brüderln zamm;

Dees habn s' g'jurt und g'ruafa laut

Hi' geg'n die Teufishorn

Und g'schrie'n: Du lus' auf da drent

Mit deini lange' Ohrn.

Und hamm so furt tho', bis die Stern

Am Himmi scho' zun segn,

A' selles Volk is kaam amal

Mehr auf 'ra 'n Alma g'legn.

O Uebermuth, du findst dei' End,

Du findst es oft gar gschwind –

Um zwölfi Nachts an's Fenster stößt

Und pfeift a' scharfa Wind,

Und wie wann oana sterb'n thaat,

Hat 's nacha draußtn tho',

A' schreckli's Seufzen hat ma g'hört

(An' dieweiln hört ma's no),

Und drauf a' Sturm is rüber g'saust

Von Funtntauern her,

Und war, als war's lebendi worn

In groß'n stoanern Meer',

Als schlüg'n Felsn ananand

Wie Welln, grausi schwaar,

Als wann der Teufi mit der Höll'

Da aufi kemma war.

Und 'kracht und dunnert hat's, als wann

Der Watzmann stürzet ei',

Als kaam vom Himmi a' Lawin'

Und schlüg' in d' Alm nei'! –

O heilige Muatta, steh' uns bei,

O schauderhafti Nacht

Da hat wohl All's in Berg und Thal

Mit Angst und Bet'n gwacht.

Und wie der Tag na' kemma is,

Ko' so was Grausi's g'schegn?

Schau d' Alm und d' Sennderinne' d'rauf,

Koa Mensch hat s' nimmer g'segn.

In Schnee und Eis vergrabn san's

Mit Hüttn, Kuh' und Kalbn,

D'rum hoaßt mar 's aa no heuntigs Tags

Die übergoßn' Alm.

Und is die Alm a' Zoacha, gel',

Wie 's geht mi'n Uebermuth

Und wann ma blind vor lauter Glück

Auf Gott vergeß'n thuat.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 70-71.
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