78. Herzog Christophs Stein.

[78] Von GuidoGörres.


Zu München in dem Bayerland

Da ist's gar hübsch und fein;

Zu München in dem Königsschloß

Da liegt ein großer Stein.


Er liegt gebunden gut und fest

An einer Kette dort,

Doch sagen kann ich nicht warum,

Ihn trüg ja keiner fort.


Der jungen Herren gehen viel

Zu München aus und ein,

Doch alle lassen ruhig stehn,

Denselben großen Stein.


Ein Herzog war im Bayerland

Vor Allen keck und kühn,

Der warf den Stein mit leichter Hand

Ein gut Stück Wegs dahin.


Und Christoph hieß der Herzog kühn

Ein Held so wohlbekannt,

Wie weit er warf, wie hoch er sprang,

Das steht dort an der Wand.


Und kömmst du einst nach München hin

Und gehst in's Schloß hinein,

Vergesse mir vor Allem nicht

Des Herzogs großen Stein.


Und wirfst du ihn wie er so weit

Und springst du so gewandt:

Dann schreibt man deinen Namen auch

Zum Herzog an die Wand.


Doch weil noch keiner kam und sprang

Und warf so weit den Stein,

Drum soll der Fürst der Bayern stets

Von uns gepriesen sein.


Und möge unsern Fürsten all

Der liebe Gott verleihn,

Aus jeder Noth den rechten Sprung

Und Kraft für jeden Stein.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 78-79.
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