494. Geisterzug im Schlosse Aichheim.

[31] Mündlich.


Unfern der Iller in reizender Lage erhob sich nahe dem Markt Illeraichen das alte, großartige Schloß Aichheim, vormals Wohnsitz der mächtigen Grafen von Aichheim, Rechberg und Limburg-Styrum. In diesem[31] weitläufigen Gebäude wohnte bis zum Abbruche desselben im Jahre 1837 eine Beamtenfamilie. Ein Knabe, das einzige Söhnlein des Hauses, vergnügte sich oft mit Spielsachen ganz allein in den großen alten Sälen des Schlosses. Da kam einmal der Knabe außer Athem zu seinem Vater gelaufen und erzählte, wie er so eben im Kaisersaal allein gewesen sei und gespielt habe, da sei die Thüre aufgegangen und ein Zug von Rittern und Frauen hereingekommen, die sich an der Hand führten, in prächtigen, rauschenden Gewändern. Sie wären alle weinend durch den Saal gezogen; am Ende wäre ein Fräulein gekommen, das ihm gewinkt hätte, worauf er davon gelaufen.

Noch heutiges Tages soll sich das Fräulein öfters in der Halde sehen lassen, wo es den Leuten zuwinkt. Auch sagt man, daß alljährlich um Ostern die alten Grafen und Gräfinnen großen Umzug im Schlosse hielten; 1837 vor dem Abbruche des Schlosses seien sie weinend erschienen, weil zum letzten Male.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 31-32.
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