529. Die Halbmeile.

[68] Mündlich.


In Mitte des Weges, welcher von Niederaltaich nach Deggendorf führt, erhob sich in uralter Zeit eine steinerne Säule, der heiligen Jungfrau geweiht. Gar mancher Pilger rastete hier ein Weilchen, eröffnete der schmerzhaften Mutter sein Herz, und ging getröstet von dannen. Da kam einmal im Schwedenkriege ein feindlicher Reiter des Weges. Als er die Säule mit dem Marienbilde wahrnahm, gerieth er in heftige Wuth, stieß entsetzliche Flüche aus und hieb mit seinem Säbel nach dem geduldigen Bildniß. Endlich riß er noch sein Pistol vom Sattel und feuerte eine Kugel los. Aber siehe! in demselben Augenblicke bäumt sich sein Roß,[68] der gottlose Reiter stürzt rücklings zu Boden und bricht das Genick. Herbeieilende Gläubige erkannten die strafende Hand Gottes und erbauten ein Kirchlein über dem Bildstein, welches noch heutiges Tages von frommen Wallfahrern gerne besucht wird.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 68-69.
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