[76] Von AdalbertMüller.
Die Königin des Waldes,
Die Tochter alter Zeit –
Es ist Graf Aswin's Tanne
Mit Feindesblut geweiht.
Wohl schaut sie hoch und herrlich
Hinein in's Böhmerland
Und sagt den Czechen drüben
Wer hier sie überwand.
In unsrer Väter Zeiten
Ging's traun! gar blutig her,
Da gab es wunde Schädel
Und Scharten in der Wehr.
Vom Böhmerwalde stürzten,
Gleich eines Bergstroms Schwall,
Sich Czeska's wilde Horden
Hernieder in das Thal,
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Und breiteten zerstörend
Sich über Dorf und Flur,
Und Schutt und Leichen wiesen
Der Landverderber Spur.
Einst lag im Regengaue,
Von Sommers Gluth gereift,
Der Felder reicher Segen
In Garben aufgehäuft.
Das sah der Czechenherzog
Und stieß sofort in's Horn;
Es wuchs in seinen Wäldern
Dem Hungerer kein Korn.
Stracks wimmelten die Räuber
Hervor aus Wald und Schlucht
Und schleppten in die Fremde
Des deutschen Bodens Frucht.
Doch wachte treu Graf Aswin
Auf seinem hohen Schloß;
Der Czechen frevles Schalten
Sein mannlich Herz verdroß.
»Wie, ist der Deutschen Schlachtmuth
Erstorben und verweht,
Daß Fremde straflos ernten,
Was deutsche Hand gesä't?
Sind unsre Klingen rostig,
Ist unsre Kraft erlahmt?«
Er ruft's, und seine Wange
Von edlem Zürnen flammt.
Und seinen Ritterschaaren
Sprengt muthig er voran;
Sie stürzen auf die Feinde,
Zehn gegen hundert Mann.
In Lüften saust die Lanze,
Es blitzt der Schwerter Stahl,
Bald starrt von rothem Blute
Das Gras im Regenthal.
Das Beste thut im Kampfe
Das edle Grafenbild;
Von seiner Streitaxt Hieben
Zersplittern Helm und Schild.
Ein Wall von Leichen thürmet
Sich um den Helden her,
Die Feinde zagen, schwanken –
Bald steht kein Böhme mehr.
Und drauf und dran die Mannen
Mit lautem Siegesruf,
Was nicht die Schwerter würgen
Zermalmt der Rosse Huf.
Fortan kein Czechenfalke
Herab in's Bayern stieß;
Graf Aswin nun und immer
Der Schreck der Böhmen hieß.
An einer hohen Tanne
Der wackre Kämpe stand
Und schaute über's Schlachtfeld
Herab vom Hügelrand
Und seine blut'ge Streitaxt
Ergriff er siegesstolz,
Und hieb mit starken Schlägen
Drei Kreuzlein in das Holz.
So ward zum Siegesdenkmal
Die Tanne eingeweiht;
Noch grünt sie frisch und kräftig
Wie in der alten Zeit.
Denn Axt und Säge meiden
Den Stamm mit frommer Scheu,
Und selbst der Stürme Toben
Knickt keinen Ast entzwei.
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