536. Neukirchen zum heiligen Blut.

[77] Gumppenbergs Marian. Atlas II., 69. Zimmermanns geistl. Kalender IV., 188. A. Müller u. Grueber der bayr. Wald S. 269.


Als im Jahre 1450 Hussens Lehre in Böhmen Anhänger fand, trug es sich zu, daß ein Hussite bei der Kapelle von Neukirchen vorüber seinen Weg zu Pferde nahm. Hier stieg er ab, brach nicht nur gegen das Muttergottesbild in der Kapelle in gotteslästerliche Reden aus, sondern legte sogar Hand an, riß es vom Altare hinweg und warf es in einen nahegelegenen Brunnen, welcher noch heutiges Tages in der Sakristei zu sehen. Dreimal warf er das Bild in den Brunnen, dreimal ward es durch unsichtbare Hand aus dem Brunnen wieder an seine Stelle gehoben. Da entbrannte des Hussiten Zorn in furchtbare Wuth, er zieht das Schwert und versetzt dem Bildniß einen gewaltigen Hieb, so daß er Krone und Haupt bis zum rechten Auge hin spaltete. Doch siehe! da floß Blut aus dem hölzernen Bilde. Der Bösewicht erschrickt, wirft sich auf sein Pferd und treibt es zur raschen Flucht. Obgleich nun das Roß so heftig zu rennen schien, daß es die vier Hufeisen verlor, so kam es in der That doch nicht von der Stelle. Da erkannte der Hussit ein höheres Walten, bereute seine Missethat und bezeugte das Wunder vor allem Volke.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 77-78.
Lizenz:
Kategorien: