575. Die Wallfahrtskirche bei Freistadt.

[126] Zimmermanns geistl. Kal. V., 161.


In der Nähe von Freistadt war um das Jahr 1644 eine ziemlich unfruchtbare Haide, auf welcher die Knaben das Vieh zu weiden pflegten. Einmal bauten sie in kindlicher Einfalt und Frömmigkeit ein schlechtes Kirchlein aus Lehm und Erde, eben an der Stelle, wo die heutige Wallfahrtskirche steht. Dieses kindische Gebäu verzierten sie auch mit einem[126] kleinen Muttergottesbildlein; als aber das Bauwerk zusammenfiel, führten sie ein stärkeres von Stein auf, stellten voriges Bildlein hinein, setzten auch ein Thürmlein mit einem Glöcklein darauf und vor die Thüre ein Opferstöcklein, in welchem bald zu großer Verwunderung Geld gefunden wurde. Acht Jahre lang stund dieses Kindergebäu, als es auf Befehl geistlicher und weltlicher Obrigkeit abgerissen wurde. Weil aber die Inwohner von Freistadt darüber nachdenklich wurden, hat Herr Friederich Kreichwich, Drahtzieher und Burgermeister daselbst, ein ganz neu Kapellein aufbauen, auch nachmals vergrößern lassen. Endlich haben auf Antrieb der Frau Gräfin von Tilly 1681 etliche Väter Franziskaner neben dem Kirchlein Wohnung genommen. An dem Tag, da diese einzogen, begab sich folgende Wunderthat. Als nämlich der Guardian, P. Zacharias Ginthner, Vormittags um zehn Uhr an eben dem Ort, wo neben der jetzigen Kapelle ein Lindenbaum gestanden, in Gegenwart vielen Volks predigte und Maria, die Mutter des Herrn, einem Meerstern verglich, ist ohneracht der sehr hellen Sonnenstrahlen von allen Gegenwärtigen ein schöner Stern am Himmel gesehen worden, so lange, bis gemeldte Predigt vollendet war, Ursach dessen auf dem Dach der jetzigen Kapelle zum ewigen Denkzeichen auf jeden der vier Nebenthürmlein ein metallener Stern gesetzet worden, wie noch heutiges Tages zu sehen.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 126-127.
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