581. Die Teufelskanzel bei Illschwang.

[131] Mündlich.


Vor alten Zeiten kam ein heiliger Mann nach Illschwang und predigte den Heiden die Lehre vom Kreuze. Es war etwas Wunderbares in seinem Wesen und die Gewalt seiner Rede verwandelte die Herzen derer, die ihn hörten, also daß die Zahl der Bekenner Christi von Tag zu Tag zunahm.

Dieses sah der Teufel mit großem Verdruße und er bedachte, wie er das gute Werk wieder zerstören sollte. Also schlug er auf einem Felsen im Walde seine Kanzel auf und predigte zur Nachtszeit dem herbeiströmenden Volke. Er hatte mehr Zuhörer als der heilige Mann, denn er ermahnte die Leute, fleißig zu essen und zu trinken, zu hetzen und zu raufen, und allen Wollüsten des Fleisches den Lauf zu lassen.

Bald lästerten des Teufels Zuhörer über den heiligen Mann, der bei Tage das Wort Gottes verkündigte, und beschlossen, ihn des Nachts in seiner Hütte zu erwürgen. Als sie aber dorthin kamen, fanden sie ihn nicht, denn er war hinausgegangen in den Wald, um zu beten.

Frühmorgens, da er heimkehrte, standen Heiden vor seiner Hütte. Da trat er mitten unter sie, hielt ihnen ihre bösen Gedanken und Mordgelüste[131] vor und ermahnte sie, sich taufen zu lassen und sich zu bekehren, sonst würden sie eines schrecklichen Todes sterben.

Da stürzten die Heiden dem Gottesmanne zu Füßen, bekannten ihre Schuld und empfingen die Taufe. Darnach wurde eine christliche Kirche zu Illschwang erbaut gegenüber der »Teufelskanzel.« Die steht noch heutiges Tages thurmhoch im Walde.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 131-132.
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