589. Das Wappengeschenk.

[138] Von FranzMüller.Schwandorfer Sage.


Am Bergesabhang hingebaut

Ein Städtchen sich im Flusse schaut,

Gar traulich, lieb und fein;

Und wie's der Wand'rer gastlich sieht,

Durch seine Straßen freudig zieht,

Denk' ich auch gerne sein.


Einmal ein Sproß aus Fürstenstamm

Zum trauten stillen Städtchen kam

Im lieben warmen Mai;

Und stieg hinauf die Bergeshöh'n,

Des Thales Reiz sich zu beseh'n,

So weit das Auge frei.


Und wonnig schweift sein Blick dahin;

Der Blumen Schmelz, das Wiesengrün

Erfreu'n des Fürsten Herz:

Da steigen an das Naabgestad

Drei holde Dirnen aus dem Bad

Mit lautem, frohem Scherz.


Und ihm, der schönen Mädchen gut,

Wallt rascher gleich das junge Blut,

Er eilt zum Flusse her;

Allein der schwere Stiefel ließ

Ihn alsobald aus Sand und Kies

Nicht vor-, nicht rückwärts mehr.


Tief steckt er da im losen Grund',

Bis endlich doch zur guten Stund'

Ein Bürger helfend naht;

Und er, der immer gut und mild,

Schenkt freundlich als ein Wappenschild

Den Stiefel jener Stadt.


Frisch prangt im blauen Rautenfeld',

Seit jener Zeit noch wohl bestellt

Am Thor der Stiefel dort;

Und habt ihr jemals ihn geseh'n

So kennt ihr auch, euch's zu gesteh'n,

Des Sängers Vaterort.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 138.
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