600. Leuchtenbergs Name.

[147] Mündlich.


Das Städtlein Pfreimt in der Oberpfalz ist vor Alters durch Heinrich den Vogler gegen die Einfälle der nachbarlichen Wenden, Slaven und Ungern wohl befestigt worden. Ebenderselbige deutsche König ergab sich zu Zeiten in dieser Gegend dem Waidvergnügen. So soll er eines Tages mit seinem Töchterlein Jutta in den Wald geritten sein, Hirsche zu jagen. Da verfolgte die Prinzessin ein flüchtiges Reh auf pfeilschnellem Rosse. Plötzlich war das Wild aus ihren Augen verschwunden, sie selbst aber mitten im tiefen Wald allein, weit entfernt von dem Vater und seinen Leuten. Sobald man die Königstochter vermißte, streiften Jäger und Ritter nach allen Richtungen mit lautem Rufen durch den Wald, aber vergebens: keine Spur der verlornen konnte aufgefunden werden. Betrübten Herzens zog Heinrich von dannen, Tage vergingen und Jahre: von dem verirrten Kinde wollte nichts verlauten. Wieder einmal durchstrich der König eines Tages den bekannten Forst. Unermüdlich zog er über Berg und Thal, durch Schluchten und Klüfte, oftmals mit lautem Rufe nach seinem Kinde die Stille des Waldes unterbrechend. Schon brach der Abend heran und noch immer schweifte der unglückliche Vater im dunkelnden Waldrevier. Da leuchtete ihm plötzlich ein freundlicher Strahl aus dem Fenster einer benachbarten Burg entgegen. Heinrich näherte sich rasch dem Schlosse und begehrte Einlaß. Welche Ueberraschung sollte ihm werden: auf der Burg wohnte sein verlornes Töchterlein, seit Jahren an Ritter Gebhard verheirathet. Zum Andenken an solch theuren Fund hat der König die Burg, von welcher ein Licht ihm Heil zuwinkte, Leuchtenberg genannt.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 147-148.
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