627. Die Hubirg.

[169] Mitgetheilt von K. Ulmer.


Im herrlichen Pegnizthale, eine halbe Stunde südöstlich von der Stadt Hersbruck, erhebt sich zu einer Höhe von 1700 bis 1800 Fuß die mächtige Hubirg. Südlich und nördlich, zwischen ihr und den gegenüberliegenden steilen Berggruppen, winden sich, von forellenreichen Gebirgsbächen durchrauscht, enge romantische Seitenthäler, während sie mit der Vorderseite stufenweise in's Hauptthal vortritt. Steigt man von dem am südlichen Fuß gelegenen Dorfe Happurg bergan, sei es an der schauerlichtiefen Schlucht vorüber, oder weiter hinten, dem sogenannten hohlen Felsen zu, einer Grotte, die inmitten einer schroff aufstrebenden ungeheuern Felsenmasse sich wölbt, und gelangt man so allmälig empor auf den Grat des Berges: da schweift das Auge mit Entzücken weithin über die wiesengrünen Niederungen, die hopfenberankten Felder, die waldbelaubten Thalwände und Berghöhen, die hie und da mit Burgtrümmern oder Kapellen geschmückt sind. Da zeigt sich vor Allem hoch in den Wolken der Hohenstein, mahnend an eine große Vorwelt, an die Zeit der Hohenstaufen, welche, so sagt man, nicht selten dort weilten; da gewahrt man, rechts von den gleichfalls sichtbaren Thürmen der Stadt und Veste Nürnberg, die Kapelle der heiligen Kunigunde, die nebst ihrem frommen Gemahle noch immer beim Volke dahier in gesegnetem Andenken steht.

Was bedeutet aber die Schanze, die rings um den Kulm des Berges ungefähr anderthalb Stunden lang, oft noch in ziemlicher Höhe, hinläuft? Ist's ein Werk von Römern, Germanen oder einem andern Volke? Diente die Bergkuppe zum Heerlager oder war da vor Zeiten ein wallumfriedigter Götter- und Opferhain? Die Gelehrten streiten darüber. Das Volk aber trägt sich mit einer althergebrachten Sage. Ein Theil des Walles führt annoch den Namen »Hunnengraben.« Die Hunnen, so heißt es, hatten sich dort auf schwerzugänglichem Gipfel gelagert und haben dort ihren König Etzel, die Geisel Gottes, begraben. Ein silberner Sarg, von Berggeistern bewacht und geschirmt, umschließt das modernde Gebein des Weltbedrängers. Da schleicht mit Schaufel und Hacke nächtlicher Weile wohl der und jener aus dem Volke hinauf und gräbt und sucht nach dem kostbaren Todtenmale. Davon hat sich freilich bis zur Stunde noch nichts[170] gezeigt; jedoch Münzen aus der letzten Römerzeit und irdene Aschenkrüge wurden bei derartigem Nachforschen oftmals zu Tage gefördert.

Wohl berichten die Geschichtsbücher Anderes von Ort und Stelle, wo Attila gestorben und wo er bestattet wurde. Eigenthümlich aber ist's, daß in der Nähe der Hubirg etliche Namen von Ortschaften an die Hunnen erinnern, wie Etzelwang, Hunnas, Haunriz.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 169-171.
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