646. Das Urban-Reiten zu Nürnberg.

[197] G. E. Waldau Verm. Beitr. zur Gesch. der Stadt Nürnberg II., 365.


Das Urban-Reiten in Nürnberg geschahe sonst also. Ein Wein- Ab- und Einleger auf einem schlechten Pferd sitzend, einen bunten, mit kleinen runden Spiegelein und Waldgläslein behangenen Rock anhabend, ritt durch die Stadt zu allen Weinschenken und Wirthen. Einer trug ihm einen Tannenbaum vor, der gleichfalls mit Gläslein und Spiegelein behangen; und nach ihm folgeten die Ablader und Einleger mit großen Flaschen über den Achseln, und sammleten bei den Wirthen nicht allein Wein in die Flaschen, sondern bezechten sich auch bei ihnen weidlich. Der Reitende ward Urban genannt. Dem liefen eine Menge Buben nach und schrieen: »Der Orba muß in den Trog! der Orba muß in den Trog!« Er warf bisweilen Spiegelein unter sie; wie denn auch den Wirthskindern Spiegelein und Gläslein gegeben worden. Nach diesem Einsammeln warf man den Urban in einen Trog mit Wasser und zog ihn wieder heraus. Das geschah jährlich am Urbani Tag, ist aber längst abgekommen.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 197.
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