667. Wie die Rothenburger Ingelstatt erbrochen.

[215] Von PeterWeiglein. – Burg Ingelstadt in der Nähe von Ochsenfurt. – J. D. W. v. Winterbach Geschichte der Stadt Rothenburg I., 87. Hormayr Taschenbuch 1834. S. 342.


An einem Sonntag es geschah,

Das man das Panner ausziehen sah

Zu Rothenburg aus der Mauern,

Sie zogen über die Landwehr hinaus,

Die Bürger und die Bauern.


Sie zogen ein Winter lange Nacht

Heinrich Trueb zu ihn'n sprach:

Ihr sollt euch eben besinnen.

Wir wollen ziehen für Ingelstatt

Das Schloß wolln wir gewinnen.


Sie kommen dar in schneller Art,

Der Thürmer wachend sah die Fahrt,

Jeder wollt seyn der beste,

gar selzam ihn'n da gedaucht ward,

sich wundern der fremden Gäste.


Sie fuhren nackend aus dem Bett

Die Wumiten hatten sie hart erschreckt,

Der Schuh hatten sie vergessen,

einer des andern kleider anthat

sie waren ungemessen.


Wilhelm von Elm war gerader Bein,

er lief auf d' Maur, erwischt ein Stein,

und warf ihn auf die Brücken.

Peter Pfeil der eilt ihm nach,

er hielt ihn seinen Rücken.


Peter Pfeil war ein Schalk so groß,

kein Bosheit ihn da nie verdroß

Zu reiten und zu laufen.

Bürger und Bauern verrieth er viel,

als wollt er Kälber kaufen.


Strickleder grub den Graben ab,

Zwar ist er (l. er ist) ein rechter Knab,

er hats gar wohl besunnen.

Bruckenmüller mit dem Bart

Der war zu ihm gesprungen.


Da man den Graben abe ließ,

Heinrich Trueb gar laut rief

er wollt nit länger schweigen,

Bernheimer warf die Leitern an,

Das Schloß wollten sie ersteigen.
[215]

Der Thürmer der schrey: Feindige,

Die Reichsstatt lägen vor dem Thor,

Sie wollen das Schloß gewinnen.

Wilhelm von Elm das bald vernam

und all sein Hofgesinde.


Die Schloßbruck die war aufgezogen,

Wilhelm von Elm ward angeflogen,

er hats mit recht besonnen.

Des waren die von Rothenburg froh,

Die Kunst war ihm Zerronnen.


Kreglinger ist ein freyer Mann,

er lief den ersten Sturm mit an,

Das Reich gund er an schreyen,

Die Bauern traten hinter sich,

Sie wollten hineyn mit eylen.


Heinrich Trueb ist auch heran,

Der hat das allerbest gethan

Mit seinem Stadtgesinde.

Da liesen sie die Büchsen an,

Die gunnten frischling klingen.


So schoben Sie zween Wagen hinan,

Dahinter stund manch stolzer Mann,

Die gunnten gar frischlich schießen.

Wilhelm von Elm und Peter Pfeil

begunt das zu verdrießen.


Da kamen sie vor das vorder Tor,

Da stunden drei Gesellen vor,

Da will ich auch (l. euch) wohl nennen:

Michel Heberling und Conz Freund

Der Reichlin war behende.


Wilhelm von Elm an d' Leitern trat,

er zu Hannsen Kreglingern sprach,

nimb du mich gefangen,

ich und mein Gesellschaft darnach

haben groß Verlangen.


Kreglinger die Red vernam,

er bald zu Heinrich Trueben kam,

Schwager merkh mich eben,

Wilhelm von Elm der sprach zu mir,

Wir soll'n ihn fristen sein Leben.


Heinrich Trueb der sprach also:

Wir woll'n ihm leihen ein frisches Stroh,

man hat ihm vil gezigen,

er gönner sich uf des Rathes Gnad,

in Banden muß er liegen.


Wilhelm von Elm kam vor das Thor,

Da trat er seinen Gesellen vor,

ihr keiner mocht entrinnen.

Des waren die von Rotenburg froh,

uf die Wagen thut man sie binden.


Hanns Löfler, der ist auch daran,

Kreglinger ein frecher Mann,

Michel Heberling wollt sich rächen,

Die Söldner und die Handwerksell

gunden das Feuer aufwecken.


Der uns dies Liedlein sang,

Peter Weiglein ist er genannt,

Er ist ein Beckenknechte.

Er labet die von Rotenburg

und thut das wohl mit Rechte!

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 215-216.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Stramm, August

Gedichte

Gedichte

Wenige Wochen vor seinem Tode äußerte Stramm in einem Brief an seinen Verleger Herwarth Walden die Absicht, seine Gedichte aus der Kriegszeit zu sammeln und ihnen den Titel »Tropfblut« zu geben. Walden nutzte diesen Titel dann jedoch für eine Nachlaßausgabe, die nach anderen Kriterien zusammengestellt wurde. – Hier sind, dem ursprünglichen Plan folgend, unter dem Titel »Tropfblut« die zwischen November 1914 und April 1915 entstandenen Gedichte in der Reihenfolge, in der sie 1915 in Waldens Zeitschrift »Der Sturm« erschienen sind, versammelt. Der Ausgabe beigegeben sind die Gedichte »Die Menscheit« und »Weltwehe«, so wie die Sammlung »Du. Liebesgedichte«, die bereits vor Stramms Kriegsteilnahme in »Der Sturm« veröffentlicht wurden.

50 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon