668. Der Schmied von Ochsenfurt.

[216] Von LudwigBraunfels. – Mündlich. Vgl. G. v. Heeringen Franken S. 82. Hänle u. Spruner Handb. f. Mainreisende S. 77.


»Herr Schmied, laßt mal vom Hämmern ab,

Bescheert mir eine kleine Gab'!

Ich bin ein alter Kriegesknecht,

Ging oft für Staufen in's Gefecht.«


Herr Stock, der Schmied, tritt aus der Thür;

Er langt den Seckel wohl herfür;

»Du standest zu dem rechten Herrn,

Für Hohenstaufen spend' ich gern.«


»Ei, haltet ihr die Staufen werth,

Was steht ihr hämmernd hier am Herd?

Ein junges Blut, ein frischer Muth,

Dem thut des Schwertes Saufen gut.


Hätt' ich noch solche Eisenhand,

So zög' ich wohl in's welsche Land,

Wo Konradin, der Kaisersohn,

Sein Leben setzt an seine Kron'.« –


»Ei zieht der Staufen in's Gefecht,

Ist Schurz und Hammer mir nicht recht;

Ich gürt' ein Schwert an meine Seit',

Und helf' ihm streiten seinen Streit.«


Der Schmied, er zieht zum Tiberstrand:

»Wie blau die Luft! wie grün das Land!

Doch, müßt' ich nicht beim Staufen sein,

Besser gefiel mir's dort am Main.«


Der Schmied trifft bald die deutsche Schaar:

»Wo fleugt der kaiserliche Aar?«

»Dem Aare ward ein Garn gestellt;

Besiegt, gefangen unser Held!«
[217]

Doch plötzlich schallt es aus der Schaar:

»Der Konradin! er ist's fürwahr!

Befreit hat ihn der Engel Hand;

Nun hilft er uns ins deutsche Land!«


Sie heben klirrend auf den Schild,

Sie tragen jubelnd durch's Gefild

Den guten Schmied aus Frankenland,

Der denket: »Hie ist Gottes Hand!«


Gab er mir Konradin's Gestalt,

Gab er zum Helfen auch Gewalt!

»Ja,« ruft er laut, »mit starker Hand

Führ' ich euch heim in's deutsche Land.«


Wohl geht der Weg durch Feindesmacht,

Wohl gilt es da manch heiße Schlacht:

Der Schmied führt sie mit starker Hand

Bis an das treue Alpenland.


Und hier auf deutschem Lagerfeld

Tritt vor das Heer der gute Held:

Er trägt kein Schwert an seiner Seit',

Er schwingt den Hammer, stark und breit.


»Ich führt' euch von den Welschen her,

Davon hat Gott allein die Ehr';

Nun muß es an ein Scheiden gehn,

Nun sollt ihr mich wohl selten sehn.«


Da geht ein Murren durch das Heer,

Der wackre Held, der schmunzelt sehr:

»Auf daß ihr wißt, warum ihr murrt

Ich bin der Schmied von Ochsenfurt.


Mein Ritterkleid behagt mir schlecht,

Mein Schurzfell ist mir eben recht;

Und kommt ihr mir einmal zum Main

So trinkt mit mir den Frankenwein!«

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 216-218.
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