674. Der irrende Kornmesser zu Würzburg.

[221] Mündlich. (Würzb. M.v.d. Vor.)


Hinter der Reierakerch (Reuererkirche) is a Gaß, di heßt mer die Korngaß. In dera Gaß is a Kornboda und g'hert en Magistrat. 's war e mol in Wörzborg a großa Theierung und Hungarsnoath, und[221] viel arma Leit sen vor Hungar g'storba, weil sie ke Geld und ke Broad g'hatt ham. Doa hat nun der Magistrat sein Kornboda aufmach lassa, daß fier die arma Leit Korn hergeba und zua Broad gebacka wer sollt'. Doa is a Kornmesser, der di Uebersicht über'n Kornboda g'hatt hat, herganga und hat Nachts hemli viela Wega (Wagen) voll Korn an di Hätzfelder (Heidingsfelder) Juda verkauft und hat sei arma Wörzborger Leit und 'n Magistrat drum betroga. Und weil er des nit g'beicht hat, muß er von sein Toad o (an) als Geist umgeha. Jedesmol an Grüna Dunnerstag Nachts leßt er sich seh und doa geat er von Elfa bis Zwelfa von Kornboda di Korngass nauf bis an di Reiererkerch und wider zeruck und mus auf seiner Axel en Sack voll Korn und a Metz voll Wetz (Weizen) in seiner Hand trag. Und das mus er so lang thua, bis ihn amol a goldens Sunntagskind sein Sack und sei Metz abnimmt und ihn erlest. Bis jetzt hat's aber no ke Mensch thua meg, weil sie sich all vor'n fercha (fürchten), denn sei Auga sen so groaß wie Fensterscheiba.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 221-222.
Lizenz:
Kategorien: