692. Der Küfer im Hofkeller zu Würzburg.

[230] Mündlich.


Als das große Faß Nr. 1. im Hofkeller zu Würzburg, welches 660 Eimer Maas hält, zum ersten Male mit ausgezeichnetem Steinweine gefüllt wurde, verschrieb sich der trinklustige Küfer, welcher es gebaut hatte, dem Teufel unter der Bedingung, daß er, so oft aus dem Fasse Wein abgezapft oder solcher in dasselbe gefüllt werde, sich einen Rausch von Steinwein trinken dürfe. Dies war auch der Fall, da er jede Weinfüllung zu besorgen hatte. Als er sich einst bei einer solchen Füllung wieder einen Rausch getrunken hatte, stürzte ihn der Teufel die Treppen hinab, so daß er den Hals brach. So oft nun aus diesem Fasse Wein abgezapft oder in dasselbe neu gefüllt wird, hören die dabei beschäftigten Küfer ein gieriges Schlürfen, denn es ist der Geist des Küfers, der sich einen Rausch trinkt. Wohl mit Beziehung darauf mahnt eine alte Inschrift an jenem Fasse:


»Du aber, der du trinkst, leb' wohl und denk dabei,

Daß Gott von dieser Gab' der höchste Schöpfer sei.«


Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 230-231.
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