706. Der Pudel im Schenkenthurm.

[237] Mündlich.


Einst bemerkten mehrere Metzgersbuben, welche beim Schenkenthurme ihre Hammel auf der Weide hüteten, Nachts einen halb verfallenen Eingang in den Thurm. Sie krochen hinein, kamen weit hinab und fanden eine schwere Geldkiste, auf welcher ein schwarzer Pudel saß. Sie erfaßten nun stillschweigend die Kiste und schleppten sie mühsam herauf. Als die Kiste bereits oben war, und die freie Luft begrüßte, da rief einer von ihnen aus: »Gott sei Dank, daß wir einmal so weit sind!« Kaum waren ihm diese Worte entfahren, so fiel die Kiste aus ihren Händen und sank in eine ungeheure Tiefe hinab, aus welcher ein fürchterliches Geheule heraufscholl. Und die Metzgerbuben konnten den Eingang nicht mehr finden, von dem sie voll Schrecken hinweggelaufen waren.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 237-238.
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