741. Die Reuerer kommen hintennach.

[265] Mündlich. (W.M.v.d. Vor.)


In Wörzborg is e mol a neier Förscht (Fürst) gewählt worn. Der war recht reich, recht lusti und freigebi, mit en Wort, er war a kreizbraver Herr. Wi er gewählt war, hat er große Festlikeite halte lass, ja, er hat sei ganz Volk ze Gast gelada. Auf der Thumgass' is a Brunna g'sprunga, aus den is aus sex Rehrn weißer und rother Wei rausg'flossa. Doa is in ganz Wörzborg ke seliger Mensch nichtern geblieba. Doa hat der guata Förscht a e groß Gastmal für alle geistlia Herrn in seiner Resedenz og'stellt. Alle geistlia Herrn sen dezua eigelade worn. Wie es Gastmal verbei war, und Alles scho aufgezehrt war, weils dena geistlia Herrn gar ze guat g'schmeckt hat, und mer auf en Förschta sei Wohl getrunka hat, sen erscht die Reierer kumma. Doa hat glei der Förscht g'fragt: »Ihr Herrn, worum kummt ihr denn so speat?« – Der alte Reierer Prier (Prior) antwort't: »Gnäd'ger Förscht, mer ham erscht (erst) unser Brevier gebet't.« Der Förscht sagt in guter Launa: »I kann eich nit helf; es is Alles aufgezehrt, worum seid ihr nit eher kumma. Ihr geistlia Herrn, ruft mer all nach, was i eich alleweil (jetzt) vorsag: Die Reierer kumma immer hintenach.« Und alle geistlia Herrn ham in en Chor geruffa: »Die Reierer kumma immer hintenach.« Die Reierer aber ham drauf wieder mit hungria Bauch hem (heim) geha müss'. Und von dera Zeit o is es a Wörzborger Sprichwort: »Die Reierer kumma immer hintenach.« Und des Sprichwort hert mer von di Leit owenda, wenn's en hintenach reit (reut).

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 265.
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