754. Otelshauser Glocke.

[272] Bechstein S. 148.


Ueber der Werrn drüben ohnweit Werneck breitet sich eine weite Flurebene aus, auf welcher kein Dorf und kein Dach, kein Haus und kein Hof steht. Dort ist es nicht geheuer, und man kann sich leicht verirren, und Manchen hat es auch schon irre geführt. Mitten in dieser Flurmarkung hat einst vor vielen Jahren ein Dorf gelegen, Otelshausen geheißen, wo in der Heidenzeit eine Gottheit verehrt wurde. Als nun St. Kilian auch in diesen Gegenden das Christenthum gepredigt hatte, und die Bewohner sich zu demselben bekannten, geschah es, daß die Bewohner von Otelshausen sich wieder abwandten von der reinen Lehre, angeführt von den heidnischen Priestern; da fluchte ihnen der Apostel und das ganze Dorf versank mit allen Bewohnern. Die Flurmarkung desselben wurde darauf unter die Bewohner der Nachbarorte vertheilt, das sind Theilheim, vulgo Dälheim, Schwanfeld, Eßleben und Weigolshausen,[272] und soll von dieser Theilung der Name von Theilheim herrühren, weil dort die Theilung geschah, und dieser Ort das Meiste empfing. Auf der Markung von Theilheim scharrten lange nachher die Schweine eine Glocke aus der Erde, das war die Glocke aus der entweihten Christenkapelle des versunkenen Otelshausen; sie wurde eingeholt, auf den Kirchthum gehängt, und ist lange nachher geläutet worden. Zum Andenken nahm das Dorf Theilheim eine Glocke in sein Siegel, und führt solches bis auf den heutigen Tag.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 272-273.
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