759. Der goldene Brunnen.

[275] Bechstein S. 250.


Am Fuße des Veitsberges in der Nähe von Neustadt an der Saale, quillt ein Brunnen, welcher der goldene genannt wird. Sein Wasser soll das beste in der ganzen Gegend, und besonders für die Augen sehr heilsam sein. Früher stand auf dem Veitsberg ein Kloster, und von da[275] kamen die Nonnen herab, und holten Wasser aus dem goldenen Brunnen. Auch jetzt, so geht die Sage, wird zu gewissen Stunden noch bisweilen die Gestalt einer Nonne, vom Berg zum Brunnen herab oder vom Brunnen zum Berg hinauf wandelnd, erblickt. Wer sie hinauf wandeln sieht, dem steht ein Glück bevor, wer sie aber herabkommen sieht, und ihr spinnwebfarbiges Gesicht erblickt, dem kommt ein Grauen an, und er hat sich nichts Guten zu getrösten. Kinder, die am goldenen Brunnen spielten, haben schon manchesmal goldene und silberne Schaupfennige mit Heiligenbildern dort gefunden, Erwachsene aber niemals.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 275-276.
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