770. Wie der Hirtenfriedel reich worden.

[286] Mündlich.


Zu dem alten Hirtenfriedel (Hirtenfritz) von Frammersbach kamen einmal drei fremde Männer nebst einer Weibsperson, und fragten ihn, ob er wüßte, wo das »Rothen Sohl« wäre. Da er dieses bejahte, so hießen sie ihn mitgehen, es werde sein Schaden nicht sein. Dort angekommen, machten sie sich an die Arbeit, um den Schatz, der dort verborgen lag, zu heben. Wie sie nun recht daran waren, so daß sie den Kessel, in dem das Geld war, bereits hervorgeholt hatten, da kam eine Heufuhr, mit drei Geisböcken bespannt, und mehrere Männer mit Heugabeln umgaben dieselbe, und schrieen: »Halt fest, er fällt um!« – Hinter diesen hinkte einer drein auf Geisfüßen, ganz zwerch und krumm, und rief: »Halt! halt! Ist er schon weit fort? ich werde ihn bald haben!« – Da sagte das Weibsbild: »Du kriegst ihn doch nicht!« und in dem Augenblicke versank der Kessel, und die fremden Schatzgräber mußten für dießmal unverrichteter Sache abziehen. Später aber kamen sie wieder – ob das vorlaute Weibsbild auch dabei war, wird nicht gesagt – da haben sie den Schatz glücklich gehoben, und der Hirtenfriedel bekam auch seinen Theil davon. Daher schreibt sich dessen Reichthum. – Die alte Strohgreth hat mir aber auch erzählt, es sei zu Kriegszeiten einmal ein Reiter durch das Dorf gesprengt, dem sei ein Laib Brod und ein Sack gerade vor ihrem Hause vom Pferde gefallen. Sie, als arme Wittwe, sei um ihrer hungernden Kinder willen nach dem Laib Brod gelaufen, der Hirtenfriedel habe den Sack aufgehoben, darin seien blanke Goldstücke und harte Thaler gewesen – wiewohl der Friedel auf Befragen aussagte, es sei darin nur Speck und Dürrfleisch gewesen – und daher schreibe sich sein Reichthum; wenn er sich auch nie davon etwas habe merken lassen, sie wisse es doch ganz gewiß.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 286-287.
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